19.07.2016 | Auswirkungen der europäischen Wohnimmobilienkreditrichtlinie

Netzer: Deutsche Umsetzung darf nicht zu weiteren Einschränkungen führen

Mit der Umsetzung der europäischen Wohnimmobilienkreditrichtlinie verändert sich die Landschaft für Kreditfinanzierungen in Deutschland: Es werden weniger Wohnungsbaukredite vergeben. Dies zeigen die Ergebnisse der heute veröffentlichten Umfrage der Deutschen Bundesbank zum Kreditgeschäft der im zweiten Quartal 2016: Während die Kreditvergabestandards im Firmenkunden- und im Konsumentenkreditgeschäft nahezu unverändert blieben, strafften einige der befragten Institute ihre Richtlinien bei der Vergabe von Wohnungsbaukrediten an private Haushalte per saldo deutlich. Dr. Ulrich Netzer, Präsident des Sparkassenverbands Bayern, warnt angesichts dieser Entwicklung erneut vor unerwünschten Nebeneffekten der eigentlich als Verbraucherschutzregelung konstruierten Richtlinie, vor allem aber vor der verschärften Umsetzung in Deutschland: „Wenn die neuen Bestimmungen zu einem Rückgang der Immobilienkredit-Vergabe führen, dann läuft eindeutig etwas schief. Wir stellen insgesamt wieder einmal fest, dass der deutsche Gesetzgeber bei der Umsetzung der EU-Richtlinie über das Ziel hinausgeschossen ist.“ 

Netzer stellt fest, dass Optionen, die eine weniger rigide Bonitätsprüfung für Wohnbaudarlehen ermöglichen und damit die Kreditvergabe erleichtern, in Deutschland nicht offen gehalten worden sind, während andere Länder die europäische Richtlinie wesentlich verbraucherfreundlicher umgesetzt haben. „Hier muss nachgebessert werden, das deutsche Umsetzungsgesetz muss so korrigiert werden, dass unsere Kreditnehmer keinen Nachteil erleiden“, so Netzer.

Für Darlehensentscheidung und -konditionen spielt es jetzt eine zentrale Rolle, ob der Kreditnehmer das Darlehen über die gesamte Laufzeit aus seinem laufenden Einkommen bedienen kann. Nicht der Wert der Immobilie, sondern liquide Mittel sind dabei ausschlaggebend. Das Gesetz verpflichtet Banken und Sparkassen dazu, Kreditvorhaben, die die jetzt engeren Vorgaben nicht erfüllen, abzulehnen. Netzer dazu: „Um Verbraucher generell vor wackligen Kreditentscheidungen zu schützen, wird in Kauf genommen, dass einzelne Entscheidungen negativ ausfallen müssen. Vorhaben, die früher noch finanziert worden wären, müssen heute teilweise abgelehnt werden. solche unnötigen Kredithindernisse müssen abgebaut werden.“