Dr. Ulrich Netzer fordert Proportionalität in der Regulierung.
„Modernes Banking heißt für uns Sparkassen, unseren Kunden Orientierung zu geben. Orientierung durch spürbare Präsenz vor Ort genauso wie auf digitalen Kanälen und durch kompetente Beratung, wie Ersparnisse auch in zinslosen Zeiten aufgebaut werden können,“ so Dr. Ulrich Netzer, Präsident des Sparkassenverbands Bayern heute beim Bayerischen Sparkassentag 2017 in Erlangen. Die bayerischen Sparkassen zeigen dabei auch selbstbewusst auf ihr Geschäftsmodell. Netzer betont: „Wir bleiben Sparkasse, nah an den Menschen. Wir sind berechenbar, langfristig ausgerichtet und als Finanzierungspartner Nr. 1 des Mittelstands mit dem regionalen Geschäftsgebiet ‚verheiratet‘.“ Er mahnt aber auch: “Die Sparkassen brauchen dafür eine angemessene, verhältnismäßige Regulierung, d.h. keinen Knebel im Mund, sondern den Atem, um Finanzpartner gerade auch an den schwächeren Standorten Bayerns sein zu können. Gerade dort wird unser dezentrales Geschäftsmodell gebraucht.“
Im Vergleich zu kapitalmarktorientierten internationalen Großbanken tragen Sparkassen wenig Risiko, weil sie vom Einlagen- und Kreditgeschäft in ihrer Heimat leben. Die Flut an neuen Regulierungsmaßnahmen unterscheidet allerdings nur unzureichend zwischen den großen, systemrelevanten und international aktiven Banken auf der einen Seite und kleinen, mittleren und regional verankerten Kreditinstituten auf der anderen Seite. Sie werden deutlich stärker belastet als Großbanken. „Das ist wettbewerbsverzerrend,“ so Netzer, „wir brauchen dringend Proportionalität in der Regulierung!“ Die Sparkassen schlagen dafür ein eigenständiges Regelwerk für Regionalbanken vor, das sich vor allem hinsichtlich aufwändiger Melde- und Offenlegungspflichten von der Regulierung für systemrelevante Banken unterscheidet. Netzer fordert: „Für welche Kreditinstitute diese ‚Small and Simple Banking Box‘ Anwendung findet, sollte primär vom Geschäftsmodell abhängen. Alle Sparkassen haben das gleiche risikoarme Geschäftsmodell, ganz unabhängig davon, wie groß sie sind. Es sollten sich also alle – mit Ausnahme der wenigen größenbedingt systemrelevanten – in der Box wiederfinden und Entlastungen erfahren.“
Geschäftsentwicklung der bayerischen Sparkassen in 2017 Für die ersten fünf Monate 2017 verzeichnen die bayerischen Sparkassen ein sehr gutes Kreditgeschäft: Das Kreditvolumen stieg um 1,7 Milliarden Euro (+1,3 Prozent) auf nun 128 Milliarden Euro. Dieser Anstieg wird besonders durch das sehr dynamische Unternehmenskreditgeschäft getragen (+2,1 Prozent). Die starke Entwicklung der Firmenkredite spiegelt sich auch in den Zusagen für künftige Darlehen wieder: Bisher wurden 2017 +11,5 Prozent mehr Kredite an Unternehmen und Selbstständige als im gleichen Zeitraum 2016 zugesagt.
Die Einlagen bei den bayerischen Sparkassen nehmen derzeit ab. Seit Jahresbeginn ist der Einlagenbestand um 0,7 Prozent auf knapp 156 Milliarden Euro gesunken. Dies resultiert aus Abflüssen bei Unternehmenskunden und öffentlichen Haushalten. Während etwa die Sichteinlagen unserer Privatkunden auch weiterhin zunehmen (+2,7 Prozent), werden sie überkompensiert vom Mittelabzug vieler Firmen und Kommunen. Hier scheinen erstmalig Verschiebungseffekte infolge der bei einigen Sparkassen neu eingeführten Verwahrentgelte auf. Normale Sparer sind von Verwahrentgelten nicht betroffen und parken, sofern sie freie Mittel haben, diese weiterhin bevorzugt in täglich fälligen Anlagen.
Vortrag von Dr. Andreas Dombret, Mitglied des Vorstandes der Deutschen Bundesbank