Mit dem soliden Ergebnis 2017 im Rücken blicken die bayerischen Sparkassen gestärkt in die Zukunft. Sie wissen aber, dass ihnen wie ihren Kunden noch ein gutes Wegstück durch die Niedrigzinsphase bevorsteht. Sie haben den Zinsrückgang bisher besser verkraftet als erwartet, weil sie mit den richtigen Maßnahmen auf der Ertrags- und der Kostenseite aktiv gegengesteuert haben. Das gute Ergebnis 2017 wird aber so nicht wiederholbar sein – bei weiter sinkenden Zinsüberschüssen wird sich das Provisionsergebnis nicht entsprechend steigern lassen.
Netzer ergänzte: „Wir dürfen uns auch von der augenblicklich guten Konjunktur nicht den Blick auf den weiterhin bestehenden strukturellen Handlungsbedarf verstellen lassen. Im Moment fahren wir ein „Hybrid-Geschäftsmodell“ –mit einem Bein in der digitalen Zukunft, während wir mit dem anderen in der Gegenwart Flächenpräsenz pflegen. Das digitale Standbein wird allerdings, gerade angesichts neuer Wettbewerber, noch viel stärker werden müssen.“ Die Strategie müsse sich an der realen Entwicklung ausrichten, „kein grundloser Technikhype, aber mindestens ‚state of the art‘.“ Der entscheidende Vorteil der Sparkassen sei ihre ganzheitliche Nähe zu ihren Kunden, den gelte es gegenüber den meist spezialisierten Newcomern auch im digitalen Markt auszubauen.
Neben der Ertragsseite ist aber auch ein Blick auf das Eigenkapital wichtig. Durch BaselIII und den sogenannten SREP (Supervisory Review and Evaluation Process) sehen sich die Sparkassen erhöhten Kapitalanforderungen gegenüber, die auch an ein erhöhtes Zinsänderungsrisiko anknüpfen. Dadurch wird die Eigenkapitalsituation der Institute schon heute deutlich belastet. Die Tendenz zu erhöhten aufsichtlichen Kapitalanforderungen wird sich fortsetzen. Höhere Eigenmittel vorzuhalten engt aber den Spielraum der Sparkassen für das Geschäft in der Mittelstandsfinanzierung ein. Umso wichtiger ist es, dass sie jetzt verstärkt Eigenmittel aufbauen – auch über die derzeitigen aufsichtlichen Standards hinaus. Damit sichern sie ihre künftige Leistungsfähigkeit für den bayerischen Mittelstand. Dazu Präsident Netzer: „Sparkassen können sich nicht wie andere Banken über den Kapitalmarkt rekapitalisieren, sie müssen Belastungen genauso wie den Substanzzuwachs beizeiten aus Gewinnthesaurierungen finanzieren. Schon deshalb wäre es gefährlich, Gewinne zu entnehmen, wie es jetzt wieder Manche fordern.“
Um die Leistungsfähigkeit der Sparkassen für ihre Kunden im Freistaat zu sichern, mahnte Netzer erneut auch eine angemessene und damit proportionale Regulierung von regionalen Kreditinstituten an. Die Große Koalition habe sich erfreulicherweise auf dieses Ziel verständigt. Nun komme es darauf an, zeitnah auf Umsetzung zu drängen, denn „die aktuelle Finanzmarktregulierung muss dringend auf den Prüfstand, wenn man die Sparkassen lieber im Markt beim Kunden statt mit Meldepflichten beschäftigt sehen will. Es ist höchste Zeit für ein Regulierungsmoratorium. Wir begrüßen sehr, dass diese Diskussion inzwischen auch auf europäischer Ebene angekommen ist. Denn es geht darum, den Teil der Finanzwirtschaft zu entlasten, der bei geringen Risiken enorm leistungsfähig für unseren Mittelstand ist.“
Netzer bekräftigte auch die Haltung der bayerischen Sparkassen zur EU-Einlagensicherung: Sie befürworten harmonisierte Regeln, wie sie schon seit Juli 2015 für alle Mitgliedsstaaten gelten, lehnen eine Zentralisierung der Einlagensicherung aber ab. „In diesem Punkt ist die Bankenunion vollendet. Eine Zentralisierung der Einlagensicherung würde bedeuten, dass Risiko und Haftung nicht mehr in einer Hand liegen. Das wäre kein Sicherheitszuwachs, sondern eine sehr bequeme Umverteilung der Haftungsmittel in Länder, die ihre Bankenmärkte noch nicht aufgeräumt haben.“ Eine solche Zentralisierung der Sicherungssysteme forciert jedoch derzeit die EU Kommission. Netzer hält dagegen: „Wir haben die Finanzmittel zum Schutz unserer Sparer aufgebracht, es wäre falsch, sie jetzt leichtfertig in einem zentralem EU-Sicherungstopf aufgehen zu lassen. Nicht Risiken auf mehrere Schultern verteilen, sondern nationale Risiken abbauen wäre jetzt die richtige Devise.“ Fakt sei allerdings, dass die Bestände an ausfallgefährdeten Krediten in Europa selbst mittelfristig gar nicht auf ein gleiches Niveau geführt werden können. Netzer forderte deshalb, dass sich die neue Bundesregierung klar gegen eine zentralisierte EU-Einlagensicherung stellt, um die Sicherungsmittel der deutschen Sparer zu schützen. Das sei jetzt seine dringendste Erwartung an die Große Koalition.
An die eigene Organisation gerichtet forderte Netzer weitere Konsolidierungsmaßnahmen zur strukturellen Straffung der Sparkassen Finanzgruppe: „Hier liegt Potenzial, die heutigen Strukturen sind für die Zukunft nicht zielführend. Auch der Markt wird uns zwingen, Effizienzvorteile durch Zusammenschlüsse zu realisieren. Entscheidend ist dabei aber immer die Frage nach dem Vorteil – einmal rein betriebswirtschaftlich, vor allem aber mit Blick auf den Kundennutzen und die möglichen Marktchancen.“ Er sehe hier einen permanenten Prüfauftrag, eine Bringschuld für alle Verbundunternehmen. Die Entscheidung liege immer bei den jeweiligen Eigentümern, er sei aber zuversichtlich, dass in den nächsten Jahren Bewegung in die Diskussion kommen werde. Ein schrittweise entwickelter Konsolidierungsprozess vertrage sich aber nicht mit einer vordefinierten Zielstruktur.
Mit Blick auf die Kraft zu enormen unternehmerischen Leistungen, wie sie die Sparkassen 2017 unter Beweis gestellt haben, ist Netzer überzeugt, dass die Sparkassen und ihre Finanzgruppe ihre Strukturen in den kommenden Jahren überzeugend weiterentwickeln werden: „Die Kunden vertrauen uns heute und sie können sich darauf verlassen, dass wir als ihre Sparkassen auch in Zukunft die richtigen Finanzdienstleister für sie sind.“ Zusammen mit ihren Kunden seien die Sparkassen „Gemeinsam #AllemGewachsen“.