Privatpersonen bilden insgesamt die größte Kundengruppe der bayerischen Sparkassen: Sie stehen für 41,3 Prozent des Kreditvolumens und 80 Prozent aller Einlagen (Gesamtvolumen Einlagen: 175,0 Milliarden Euro). Das aktuelle Zinsumfeld begünstigt die privaten Kreditnehmer, während die privaten Sparer darunter leiden.
Bayerische Sparkassen: Private Immobilienkredite wachsen weiter
Fast 90 Prozent der 2019 ausgereichten Kredite der Sparkassen an Privatpersonen waren Immobilienkredite (52,8 Milliarden Euro; +4,8 Prozent). Dieser Bestand wächst seit einiger Zeit langsamer als der von Bauträgern und anderen Wohnungsunternehmen (2019: +8,4 Prozent). Der Markt für private Immobilien hat sich zusehends verengt und Private stehen so vor allem in Ballungsgebieten immer öfter vor Hürden beim Immobilienerwerb. 2019 wuchs das Neugeschäft mit Privaten allerdings erstmals wieder überdurchschnittlich. Netzer: „Die Nachfrage nach Immobilien wird angesichts der langen Zins-Durststrecke nochmals zum Ventil für viele, die den Vermögensaufbau ansonsten über Kapitalmarktanlagen gesucht hätten. Wohneigentum ist in Bayern – wenn man von den Hochpreisregionen absieht – trotz der gestiegenen Preise für viele machbar. Historisch niedrige Zinsen, gestiegene Gehälter und die attraktive staatlicheFörderung mit Baukindergeld, bayerischer Eigenheimzulage und Wohnriester relativieren die Preisanstiege. Auffällig dabei ist, dass der damit verbundene Preisanstieg auch jetzt keine Zeichen für eine Immobilienblase sendet – die Objekte sind solide finanziert und ein Ausbleiben der Nachfrage ist nicht in Sicht.“
Auch im Bauspargeschäft verzeichneten die bayerischen Sparkassen 2019 eine gute Entwicklung: „Immer mehr Menschen bauen hier sinnvoll Eigenkapital auf und sichern sich gleichzeitig mit einem Bausparvertrag langfristig niedrige Kreditzinsen für die Zukunft,“ betonte Netzer.Nach einem besonders erfolgreichen Jahr 2018 blieben die Sparkassen 2019 auf Niveau und vermittelten eine Bausparsumme von insgesamt 6,67 Milliarden Euro. Mit Perspektive auf die Zukunft begrüßteNetzer, dass die staatliche Förderung für Bausparer mit der Wohnungsbauprämie ab 2021 angehoben wird (Einkommensgrenze von 25.600 auf 35.000 Euro, Prämienhöhe 10%) – dies helfe für den Vermögensaufbau in der Breite.
Bayerische Sparkassen: Noch stärkerer Zuwachs privater Kundeneinlagen
Die Einlagen der Privatkunden sind 2019 trotz niedrigster Zinsen erneut deutlich angestiegen: Sie legten um 6,2 Milliarden Euro auf 140,0 Milliarden Euro zu (+4,6 Prozent).
| 2015 | 2016 | 2017 | 2018 | 2019 |
Einlagenvolumen priv. (in Mrd. €) | 118,0 | 123,2 | 128,1 | 133,8 | 140,0 |
Veränd. ggü. Vorjahr | +4,3 % | +4,5 % | +4,0 % | +4,4 % | +4,6 % |
Der Zuwachs resultiert ausschließlich aus der erneut starken Zunahme (+9,4 Prozent) von täglich fälligen Geldern/Sichteinlagen. Alle anderen Einlageformen waren infolge der Niedrigzinsen auch 2019 wieder rückläufig. 80 Prozent aller neuen Sichteinlagen stammen von Privatkunden, doch auch alle anderen Kundengruppen haben diesen Posten 2019 deutlich aufgestockt. Insgesamt stieg auch der Marktanteil der Sparkassen bei Sichteinlagen seit Jahresbeginn.
| 2015 | 2016 | 2017 | 2018 | 2019 |
Sichteinlagen priv. (in Mrd. €) | 68,6 | 76,0 | 82,3 | 89,1 | 97,4 |
Veränd. ggü. Vorjahr | +11,3% | +10,8% | +8,2 % | +8,3 % | +9,4 % |
Netzer dazu: „In dieser zinslosen Zeit sehen die Kunden Sichteinlagen bei ihrer Sparkasse als sichere Möglichkeit, um ihr Geld dort zu „parken“. Damit verzichten sie aber auf Erträge, die sie bei gutem Risikomanagement über Wertpapiere durchaus erzielen könnten. Auch mit regelmäßigen kleinen Anlagebeträgen im Wertpapiersparen kann sinnvoll Vermögen aufgebaut werden.“ Er erklärte auch, was große Sichteinlagen für die Sparkassen bedeuten: „Betriebswirtschaftlich werden sie für uns auf Dauer zur Belastung. Der sogenannte Einlagenüberhang – die Einlagesumme also, die wir nicht wieder als Kredite ausgeben können – kommt uns teuer zu stehen: Einen wesentlichen Teil müssen wir liquide halten und bezahlen deshalb unsererseits Verwahrentgelte bei anderen Kreditinstituten dafür. Darüber hinaus können die Sparkassen wie ihre Kunden keinen Zinsertrag erzielen bzw. müssen teure Zinssicherungsgeschäfte für ihre Anlagen tätigen.“
Bayerische Sparkassen: Geldvermögen / Wertpapiere
Vor dem Hintergrund der aktuellen Zinssituation betonte Netzer nochmals explizit die Rolle von Wertpapieren für den mittel- bis langfristigen Aufbau von Kapital: „Vermögensaufbau als Kern privater Vorsorge funktioniert nicht mehr über Sichteinlagen. Geldanlagen sollten heute langfristig über Wertpapiere und das Wertpapiersparen organisiert werden. Das ist auch zu vertretbaren Risiken möglich. Wer seine Anlage nicht selbst strukturieren möchte, findet dazu kompetente Beratung bei seiner Sparkasse.“
Dass immer mehr Kunden diesen Argumenten aufgeschlossen gegenüberstehen zeigt das Wertpapiergeschäft der bayerischen Sparkassen in 2019: Mit dem guten Börsenjahr ist der Wertpapierumsatz nach einem Rückgang im Vorjahr um 5,6 Prozent gewachsen. Dabei übersteigen zum siebten Mal in Folge die Wertpapierkäufe wieder deutlich die -verkäufe. Deutlich zugenommen haben 2019 die Käufe von Investmentfonds (+11,3 Prozent).
Noch mehr Kunden als im Vorjahr haben sich inzwischen auch dem regelmäßigen Wertpapiersparen zugewandt. Die Zahl der Fondssparpläne mit unserem Verbundpartner Deka stieg 2019 um 121.362 Verträge (+15 Prozent; 2018: +11 Prozent). Netzer zeigte sich zufrieden mit dieser Entwicklung und betonte nochmals, wie wichtig der langfristige Vermögensaufbau über Wertpapiere auch für Kleinanleger sei. „Deutsche Anleger müssen endlich verstärkt in Wertpapiere – auch Aktien – investieren, statt in zinslose Sichteinlagen,“ so Netzer. „So gelingt auch Klein-Anlegern der Weg aus der Niedrigzinsfalle.“
2019 war dabei insgesamt wieder ein Jahr der Geldvermögensbildung: Die Privatkunden der Sparkassen legten wie im Vorjahr insgesamt knapp 8,8 Milliarden Euro neu auf ihren Konten, Depots, in Bausparverträgen und Lebensversicherungen an. „Die Menschen denken an die Zukunft, geben nicht alles in den Konsum, sondern sparen“, hob Netzer hervor. „Wir dürfen aber nicht vergessen, dass nicht alle Einkommensgruppen diese Möglichkeiten haben.“
Netzer forderte flankierende staatliche Fördermaßnahmen um Aktien und Wertpapiere als weitere Säule der Altersvorsorge zu stärken.Als perspektivisch hilfreich bezeichnete Netzer den Vorschlag, die Spekulationsfrist für Aktien wiedereinzuführen.Wer eine Aktie oder Anleihe länger als fünf Jahre hält, soll laut diesem Vorschlag von der Steuer auf Kursgewinne befreit werden. Netzer: „Das überzeugt, denn Aktien müssen in der langen Niedrigzinsphase dringend an Bedeutung für Sparer gewinnen, wenn Rendite erzielt werden soll. Mit dieser steuerlichen Erleichterung würden nicht nur Aktienbesitzer, sondern auch die Kleinsparer profitieren, die mit regelmäßigen kleinen Beträgen in Wertpapierfonds etc. investieren.“
Eine massive Behinderung für den Aufbau von privatem Vermögen zur Altersvorsorge sieht Netzer hingegen in einer Finanztransaktionssteuer, wie sie bereits seit mehreren Jahren in der Diskussion steht: „Ursprünglich gedacht für den Hochfrequenzhandel würde sie der breiten Aktienkultur schaden – gerade in der jetzigen Situation ist das absolut widersinnig. Der Plan sollte deshalb möglichst bald vom Tisch.“
Insgesamt entscheidend sei, dass die politische Diskussion über geeignete staatliche Fördermaßnahmen fortgesetzt werde um die finanzielle Vorsorge zu stärken. In diesem Zusammenhang forderte Netzer erneut eine deutliche Anhebung des Sparerfreibetrags, damit auch Niedrigverdiener bessere Chancen zur Zukunftsvorsorge haben.