28.07.2021 | Bayerische Sparkassen im 1. Halbjahr 2021

Sparkassen im Mehrkampf – das zweite Halbjahr entscheidet

Die bayerischen Sparkassen haben ihren Wachstumskurs im ersten Halb­jahr 2021 konsequent weiterverfolgt: Sie konnten ihr Kreditvolumen um 2,8 Prozent auf 154,7 Milliarden Euro ausweiten – hier zeigen sich auch die erhöhten Zusagen für Corona-Hilfskredite aus dem Jahr 2020. 

Gleichzeitig bewegte sich das Kreditneugeschäft in den ersten Monaten 2021 auf dem Rekord-Vorjahresniveau. Nochmals stärker als im Jahresvergleich nahmen die Einlagen bei den bayerischen Sparkassen zu: Die Kunden vertrauten den bayerischen Sparkassen um 1,7 Prozent mehr Mittel an, vornehmlich in täglich fälligen Geldern. Mit einem Einlagenbestand zur Jahresmitte von 191 Milliarden Euro liegt der Einlagenüberhang der bayerischen Sparkas­sen inzwischen bei mehr als 36 Milliarden Euro. Das belastet das Zins- und damit auch das Betriebsergebnis 2021 weiterhin stark. Prof. Dr. Ulrich Reuter, Präsident des Sparkassenverbands Bayern, drückte heute in München seine Besorgnis aus: „Die Sparkassen arbeiten gut und ihre Kunden honorieren das, machen immer mehr Geschäft mit ihnen – doch die Ergebnisse werden immer stärker durch die Zinssituation belastet.“ Er unterstrich mit Blick auf den Kontext: „Gleichzeitig setzen die aktuellen Herausforderungen rund um die Themen Prämiensparverträge und AGB-Änderungsmechanis­mus die Sparkassen massiv unter Druck. Dazu kommen europagetriebene Themen wie der unsinnige Plan zur Vergemein­schaftung der europäischen Einlagensicherung. Weiters die Anforderung der Aufsicht von EZB und BaFin zur Neuausrichtung des Institutssicherungs­systems der Spar­kassen. Auf der Schwelle steht außerdem die umfangreiche Regulierung zur Realisierung des „Green Deal“ – die soziale und ökologische Transformation Europas. Die bayerischen Sparkassen als regionale Kredit­institute haben all diese Heraus­forderungen angenommen. Sie leisten täglich mit fast 36.000 Mitarbeitern anerkannt gute Arbeit für ihre Firmen- wie Privatkunden und kämpfen gleichzeitig an derart vielen Fronten, die Kräfte binden. Es ist entscheidend, sie jetzt nicht weiter zu überfrachten!“

Reuter erinnerte nochmals an die Mahnungen des Bundesbank-Vorstands Joachim Wuermeling im April 2021, die die mittelfristige Stabilität und Rentabilität der deutschen Banken und Sparkassen an künftige „unpopuläre Geschäftsentscheidungen wie die Schließung von Filialen und die Aufgabe von Eigenständigkeit, […] Negativzinsen […]“ und Gebührenerhöhungenknüpfen. Tatsächlich müssten die Sparkassen diesen Faden immer öfter aufgreifen um sich so zukunftsfest aufzustellen, dass sie ihren staatlichen Versorgungs­auftrag für die bayerischen Regionen auch langfristig zuverlässig erfüllen können. Die langjährigen Geschäftsbeziehungen, die sie mit ihren Kunden in Kenntnis der örtlichen Wirtschaftsstruktur und der Lebenssituation der Kunden aufbauen, zahlten sich dann gerade in Krisenzeiten aus. Reuter betonte: „Ohne regionale Banken geht es nicht! Sie sind nah an den Menschen und dem Geschehen vor Ort, darum können sie schnell, flexibel und individuell agieren. Eine anonyme internationale Großbank macht das nicht. Die Regio­nalinstitute sind Stützen und Partner von Handwerk und Gewerbe in den Gemeinden, Städten und Landkreisen.“

Reuter bestätigte auch die Notwendigkeit, zur Anpassung an das veränderte Kundennutzungsverhalten und Kostenreduzierung das Filialnetz umzustruk­turieren. Dabei gab er zu bedenken, dass ihre sinkende Wirtschaft­lichkeit aber aus der Veränderung des gesamten Umfelds resultiere. Beispiels­weise gebe es inzwischen in 30 Prozent der über 2.000 bayerischen Gemein­den keinen Lebensmittelmarkt mehr. Die Zahl der Geschäfte sinke, dafür wüchsen bei den verbleibenden die Verkaufsflächen, oft weit außerhalb der Ortschaften. Mobi­lität werde somit im ländlichen Raum bereits zur Grund­voraussetzung für die Versorgung mit Dingen des täglichen Bedarfs. Reuter betonte hier die Paralle­len: "Die Menschen benutzen die kleinen Anlaufstellen nicht mehr, sie fahren immer öfter mit dem Auto in einen größeren, attraktive­ren Supermarkt oder bestellen viele Waren über das Internet. Mit den kleinen Sparkassenfilialen geht es genauso – die Versorgung bleibt aber aufrechterhal­ten, immerhin gibt es auch nach den Umstrukturierungen der letzten Jahre noch 2.009 personen­besetzte Geschäftsstellen in Bayern. Sparkassen haben damit ein nach wie vor großes, flächendeckendes Netz – die Großbanken muss man suchen.“  

Reuter bekräftigte ebenfalls, dass die Sparkassen immer öfter daran denken müssen, gewohnte Freiheitsgrade aufzugeben und sich zusammenzu­schließen: „Um ihre Wirkkraft zu steigern, müssen sie intensiver zusammen­ar­beiten, sich gegebenenfalls zusammenschließen und auch vermehrt auf zen­trale Dienstleister zurückgreifen. Die zunehmende Bündelung der Kräfte ist spielentscheidend, auf welcher Stufe auch immer die Initiativen dazu starten. Im Moment denken erst einmal einige Häuser über Fusionen nach, doch perspektivisch ist es im Verbund sicherlich sinnvoll, immer nur einen Anbieter für ein Produkt oder eine Dienstleistung anzustreben.“

Als weitere Entscheidungsoption zur Rentabilitätssteigerung werden durch die Aufsicht neben Kostenreduktionen auch weitere Einnahmequellen angemahnt, etwa Verwahrentgelte und Gebührenerhöhungen. Reuter bestä­tigte dazu nochmals, „dass die Sparkassen ihre Kunden tatsächlich nicht mehr vor der Weitergabe der Negativzinsen schützen können, wie sie es zuvor aber lange Zeit bis zur Schmerzgrenze getan hatten.“ Der Markt sei aber nun an einem Punkt angelangt, wo sich Verwahrentgelte zum Teil auch für Einlagen von weniger als 100.000 Euro nicht mehr vermeiden ließen.

Als sehr problematisch bezeichnete Reuter das Spannungsfeld zwischen der erkannten Notwendigkeit von angemessenen Gebührenerhöhungen einer­seits und der jüngsten Diskussion um Deckelungen für verschiedene Gebühren andererseits: „Die Sparkassen sind aktiv im Verbraucherschutz! Im europäischen Vergleich betragen die Bankgebühren in Deutschland nur ein Drittel dessen, was spanische oder italienische Kunden bezahlen, und ca. die Hälfte der Beträge für französische oder britische Banken. Dass der deutsche Bankenmarkt viele Jahre durch extremen Preiswettbewerb die Preise von der Leistung entkoppelt hat, rächt sich nun – die bisherige Quersubvention ist nicht mehr möglich, viele Menschen halten die Preise aber nun fast für unanständig. Hier scheint die Wahrnehmung ein wenig verschoben, denn z. B. für einen Mobilfunkvertrag bezahlt man gerne 15 bis 20 Euro monat­lich – doch die Kontoführung für 8,45 Euro pro Monat für ein ‚Girokonto Komfort‘ als Rundum-Sorglos-Konto bei einer bayerischen Sparkasse wird als zu teuer empfunden.“ Eine Deckelung von Gebührenzu fordern sei für ihn vor diesem Hintergrund nicht nachvollziehbar. Dies gelte genauso wie für den „wohlmeinenden Rat einzelner Unternehmensberater, bankenübergreifend Geldautomatennetze zusammenzulegen. Man stelle sich nur vor, jemand würde den Tankstellen einen solchen Vorschlag unterbreiten.“

 

Geschäftsentwicklung im ersten Halbjahr 2021

Kreditgeschäft mehr lesen schließen

Die 64 bayerischen Sparkassen konnten ihr Kreditvolumen in den letzten sechs Monaten um insgesamt 4,2 Milliarden Euro (+2,8 Prozent seit Jahres­be­ginn) auf 154,7 Milliarden Euro ausweiten. Mehr als die Hälfte davon (54 Pro­zent) sind mit 83,5 Milliarden Euro Finanzierungen für Unternehmen und Selbstständige. Das Kreditneugeschäft mit Firmenkunden liegt dabei nach einem Corona-bedingten Rekordjahr unter dem Vorjahresniveau (‑10 Prozent), das mit Privatpersonen erheblich höher (+18 Prozent).

Unternehmenskunden: Kreditnachfrage 2021 weiterhin auf Rekordniveau mehr lesen schließen

Während die Unternehmen in den ersten Pandemiemonaten 2020 sehr schnell um 32,1 Prozent mehr Darlehen als im Jahr zuvor nachgefragt hatten und erhielten, lag das Wachstum der Darlehenszusagen ausgehend vom hohen Vorjahresniveau im ersten Halbjahr 2021 folgerichtig wieder unter diese, Wert (‑10,4 Prozent). Die zugesagte Darlehenssumme an Firmenkunden lag indes erneut bei insgesamt 9,4 Milliarden Euro, das sind knapp 90 Prozent des Vor­jahreswerts für das erste Halbjahr und somit annähernd auf gleichem Rekord­niveau.

Davon stammten lediglich 419,6 Millionen Euro aus staatlichen Förderpro­grammen zur Corona-Hilfe, die Nachfrage der berechtigten Unternehmer nimmt somit inzwischen deutlich ab (2020 insgesamt 2,1 Milliarden Förder­kre­dite, Antragstellung noch bis Ende 2021 möglich), während die Finanzie­rung aus Mitteln der Sparkassen ungebrochen angenommen wird. Insgesamt sind derzeit nur noch 25 Prozent der Förderkredite aus Corona-Hilfsprogram­men, alles andere geht bereits in die Bereiche Nachhaltigkeit, Digitalisierung, Wachstum und Stabilisierung. Der Gesamtbestand an Corona-Förderdarlehen belief sich am Ende des zweiten Quartals 2021 auf 12.765 Darlehen mit einem Gesamtvolumen von 2.523 Millionen Euro.

Die Stimmung im Handwerk wie auch in der Industrie hat sich mit Ende des Lockdowns gut erholt, die Auftragslage verbessert sich. Die Auswirkungen von CoVid19 sind aber noch nicht ausgestanden: Die Industrie ist z. B. weiter­hin unter den Lieferengpässen bei wichtigen Rohstoffen wie Holz, und Kunst­stoff sowie bei Vorprodukten wie Speicherchips konfrontiert. Schiffscontainer sind Mangelware, die verfüg­baren Frachtvolu­mina damit stark zurückgegangen und die Containerfracht­kosten gestiegen. Wegen knapper Rohstoffe müssen zurzeit immer öfter Aufträge storniert oder verschoben werden. Auch in Bayern haben Holzbauer, Schreiner, Zimmer­leute und Dachdecker zwar volle Auftragsbücher, aber wenig Material.

Die Firmenkunden der bayerischen Sparkassen haben in der Regel während der Lockdowns ihre Liquidität geordnet, die Risiken sind damit über­schaubar und es gibt im Moment kaum Ausfälle. Das Firmenkundengeschäft läuft damit im Grunde genommen nahezu normal weiter. In der Regel haben die Unterneh­men die Pandemie auch genutzt, um ihre Kosten deutlich nach unten zu schrauben. Die staatlichen Hilfen – vom Kurzarbeitergeld bis zur Ausfallzah­lung für entgangene Umsätze – halfen, diese stille Restrukturierung durchzu­setzen. Im Aufschwung dürften sich die verschlankten Kostenapparate dann in steigenden Profiten niederschlagen. Für die Kunden, die Einzelhandel in den Innenstädten betreiben, sind allerdings weitere Unterstützungsmaß­nahmen, wie z. B. Sonntagsöffnungen, angezeigt, um wieder zu einer angemes­senen Umsatzentwicklung zu kommen.

Wenn auch im Moment keine größere Betroffenheit der Sparkassenkunden absehbar ist, so blicken die Sparkassen mit Vorsicht auf den Herbst 2021 und die Folgezeit. Denn in der internen Einordnung der Sparkassen zeichnen sich deutliche Verschiebungen ab – es liegt inzwischen weniger Kreditbestand bei nicht oder kaum betroffenen Branchen, dafür sind einige Firmen in der Zuord­nung in Kategorien mit leicht erhöhtem Ausfallrisiko gewandert.

Insgesamt beobachten die Sparkassen aber derzeit bei ihren mittleren und größeren Unternehmenskunden so wenig Konkurse wie seit Jahren nicht mehr. Staatshilfen und die hohe Liquidität verhindern eine Pleitewelle auch in den bayerischen Regionen, obwohl inzwischen wieder die regulären Antrags­pflichten für Insolvenzen gelten. Lediglich bei kleineren Unternehmen müssen auch die Sparkassen eine Zunahme von Unternehmensaufgaben verzeichnen.

Das Hausbank-Prinzip hat sich also in der Krise bewährt. Die Sparkassen haben nur einen äußerst geringen Anteil von ausfallgefährdeten Krediten, sogenann­ten Non-Performing-Loans (NPL),in ihren Kreditbüchern. Angesichts der massiven Auswir­kungen von Covid-19 auf die europäische Wirtschaft erwägt die EZB allerdings inzwi­schen Maß­nahmen, die Rückschläge für die Stabilität des europäischen Bankensektors verhindern sollen. Neue Regeln für die Sekundärmärkte sollen es den europä­ischen Banken erleichtern, NPL abzustoßen. Ausfallgefährdete Kreditengage­ments sollten demgemäß nicht länger als drei Jahre gehalten und spätestens dann abgestoßen werden, um die Bilanzen zu entlasten. Erwogen werden auch gesetzliche Vorgaben für den verpflichtenden Weiter­verkauf von NPL. Sie sollen dann gebündelt und als Wertpapiere vertrieben werden können. Roland Schmautz, Vizepräsident des Sparkassenverbands Bayern warnte eindringlich vor einer harten gesetzlichen Regelung: „Der Verkauf und die Verbriefung von NPL darf nicht zur Pflicht werden. Wir Sparkassen sind dafür bekannt, dass wir unsere Kunden langfristig begleiten – wir verkaufen sie doch nicht an Hedgefonds! Dazu braucht es eventuell manchmal etwas mehr Geduld und Durchhaltevermögen, doch wir kennen unsere Kunden ganz genau und können selbst entscheiden, wie lange wir ein Kreditengagement halten. Manche Bank in südeuropäischen Staaten braucht vielleicht eine solche Entlastung, wir aber nicht. Die Verpackung der NPL in Wertpapiere erinnert außerdem stark an die Vehikel, die mit zweitklassi­gen Hypothekendarlehen besichert waren – besser bekannt als Mortgage-Backed-Securities – die 2008 zur Subprime- und in Folge dann zur Finanzkrise geführt haben.“

Privatkunden 2021: Ausbau Kreditvolumen und enormer Zuwachs an Sichteinlagen mehr lesen schließen

Die Privatkunden bewiesen im ersten Halbjahr ebenfalls wieder großes Vertrauen zu ihren Sparkassen. Sie nahmen nochmals mehr Kredite in Anspruch als im entsprechenden Zeitraum 2020, in dem die Nachfrage trotz Pandemie bereits über dem Vorjahr gelegen hatte: Der Kreditbestand von Privatpersonen wuchs um 3,0 Prozent auf 63,9 Milliarden Euro. Auch die neuen Darlehenszusagen an Private lagen deutlich über denen des Vorjahrszeit­raums (+18 Prozent), in dem trotz Lockdown auch bereits ein klares Wachs­tum zu verzeichnen gewesen war. Treiber dieses Wachstums 2021 sind Finanzie­rungen rund um den Kauf oder die Sanierung von Wohneigentum.

Daneben vertrauten die privaten Kunden den bayerischen Sparkassen in den ersten sechs Monaten 2021 4,1 Milliarden Euro als neue Einlagen an (+2,8 Pro­zent), vornehmlich in täglich fälligen Geldern. Dieser Zuwachs auf nunmehr insgesamt 151,5 Milliarden Euro liegt noch einmal höher als im entsprechen­den Vorjahreszeitraum. Der gesamte Einlagenbestand der bayerischen Spar­kassen lag zur Jahresmitte bei 191 Milliar­den Euro.

Die privaten Haushalte haben gerade im Lockdown nicht nur aufgrund des unsicheren wirtschaftlichen Umfelds, sondern v. a. wegen den pandemiebe­dingten Einschränkungen zusätzlich gespart, denn die Ausgaben für Freizeit­aktivitäten, Gastronomiebesuche und Urlaub fielen weg. Einer Befragung der Bundesbank zufolge möchte die ganz überwiegende Mehrheit der Konsumen­ten diese oft unfreiwillig gebildeten Ersparnisse zumindest teilweise für Dienstleistungen oder Käufe von Waren ausgeben. Schmautz relativierte das Gewicht dieses Effekts jedoch: „Diese unvorhergesehene Ersparnis kommt on top auf ein ohne­hin hohes Bedürfnis nach Liquidität der Deutschen: Sie haben in den vergange­nen 10 Jahren kontinuierlich immer mehr Bargeld und täglich verfügbare Bank­einlagen gehortet, die Summe wuchs seit 2010 auf mehr als das Doppelte, rech­nerisch sind es jetzt ca. 35.000 Euro je Bundesbürger.“  

Der Einlagenüberhang der Sparkassen dürfte sich daher kaum nennens­wert verändern, so Schmautz, doch die Kosten für die Verwahrung dieser Einlagen belasteten die Sparkassen weiterhin zunehmend. Sie müssten jetzt häufiger als Verwahrentgelte an die Kunden weitergegeben werden. Er betonte: „Kein Sparkassenvorstand macht das gerne, denn es läuft unserem eigentlichen Verständnis von Sparen krass zuwider. Doch die Geld­politik der EZB hat den Markt nun einmal so geformt und jetzt müssen wir alle –  Kreditinstitute wie ihre Kunden – damit umgehen. Wir haben einige Jahre ausgesessen, doch jetzt müssen wir der Realität ins Auge blicken.“ Die Geld­politik und die Negativ­zinsen der EZB hätten das Vermögen der Menschen bereits über mehrere Jahre im Verborgenen geschmälert, denn eine Rendite nahe Null in Verbin­dung mit einer Preissteigerung zwischen ein und zwei Prozent lässt das so angelegte Geld jeden Monat an Wert verlieren.Nach neuesten Studienhaben die deutschen Sparer seit Ende 2010 bereits rund 150 Milliarden Euro durch Niedrigzins und Inflation verloren – rechnerisch 1.850 Euro pro Bundesbürger. Schmautz konsta­tierte: „Dieser reale Wert­verlust ist ja dem Grunde nach bereits ein negativer Zins, er zeigt sich nur nicht unmittelbar. Anscheinend haben ihn die Menschen deshalb über die Jahre hinweg duldend hingenommen. Wenn allerdings jetzt die Banken ihren Kunden dazu noch Verwahrentgelte in Rechnung stellen, wird der Vermö­gensverlust direkt sichtbar und macht eindeutig schlechte Laune – allen Beteiligten. Da Zinserhöhungen allerdings mit der kürzlich überarbeiteten EZB-Strategie noch lange nicht in Sicht sind, werden wir uns für die nächste Zeit an das Instrument ‚Verwahrentgelte‘ gewöhnen müssen.“

Positiv bewertete Schmautz, dass in der Phase von der zweiten bis in die dritte Pandemiewelle hinein nicht nur mehr gespart wurde, sondern auch die Wertpapieranlage in Fahrt blieb: „Das weiter zunehmende Engagement am Kapitalmarkt zeigt, dass immer mehr Kunden ein ausgeprägtes Rendi­tebewusstsein entwickeln und eine einträgliche Alternative zur derzeit wenig attraktiven Sichteinlage wählen." Der Wertpapierumsatz der bayeri­schen Sparkassen ist seit Jahresbeginn um weitere 15 Prozent gestiegen, im Vorjahresvergleichszeitraum hatte das Wachstum bei 51,9 Prozent gelegen. Schmautz resümierte: „Wenn Lockdowns für etwas gut sind, dann auch dafür, dass sich die Menschen vertiefter mit ihren Finanzen auseinan­dersetzen.“

Rentabilität der bayerischen Sparkassen 2021 mehr lesen schließen

Das Einlagenwachstum der bayerischen Sparkassen übersteigt seit Jahren deutlich das Kreditwachstum, der entstehende Einlagenüberhang nimmt jährlich zu. Im Moment beträgt er mehr als 36 Milliarden Euro. Die von der EZB induzierten Negativzinsen im Markt stellen daher das Geschäftsmodell der Sparkas­sen auf eine harte Probe, denn sie können mit diesen Einlagen, die sie nicht wieder als Kredite ausreichen können, nicht profitabel arbeiten, in der Negativzinsumgebung entstehen ihnen vielmehr Kosten.

Zinsüberschuss mehr lesen schließen

Die bayerischen Sparkassen erwarten auch für 2021 einen neuerlichen deutlichen Rückgang des Zinsüberschusses sowohl absolut als auch in Prozent der DBS (-0,14% Pkt. der DBS). Zwar sinkt laut Prognose der Zinsauf­wand, doch dem stehen ebenfalls abnehmende Zinserträge gegenüber, da profitable Engagements und Anlagen auslaufen. Reuter erläuterte dazu: „In der langfristigen Betrachtung sehen wir, wie erfolgreich die Sparkassen ihr Geschäft ausbauen, die Bilanzsumme wächst weiter stetig – zuletzt auf 247 Milliarden Euro. Doch das findet keinen entsprechenden Niederschlag mehr im Ertrag, weil der Zinsüberschuss durch die EZB geschrumpft wird. Er sinkt seit 10 Jahren deutlich und ein Ende ist nach den jüngsten Ankündi­gungen nicht in Sicht.“

Betriebsergebnis mehr lesen schließen

Da der Zinsüberschuss die klassische Hauptertragsquelle der Sparkassen ist, wird die Ertragslage der bayerischen Sparkassen in allen Regierungs­bezirken auch 2021 leiden, die Prognosen für Cost-Income-Ratio und Betriebsergebnis lassen die Fortsetzung des Abwärtstrends der letzten Jahre erwarten.

Die bayerischen Sparkassen setzen daher auch ihre Anstrengungen zur Kostensenkung sowie zur Einnahmenstabilisierung mit Nachdruck fort. Reuter betonte erneut: „In einer Zeit, in der die Verwaltungskosten bereits bei mehr als einem Drittel der bayerischen Sparkassen den Zinsüberschuss übersteigen, müssen sie alle Register ziehen, um die volle Wirkung zu erzie­len. Sie sind moderne Dienstleister und passen sich an die aktuellen Anfor­derungen an, um ihre Leistung für die bayeri­schen Regionen auch künftig zuverlässig erfüllen zu können. Denn die klein­teilige Wirtschaft in den Kommunen Bayerns brauchen dringend kundige Kreditinstitute, die sich vor Ort genauso wie im Finanzwesen auskennen.“

Aktuelle Themen der bayerischen Sparkassen mehr lesen schließen

Die kommunalen Sparkassen sind zwar vor Ort auf Projekte mit kleinen und mittelständischen Unternehmen und Privatkunden aus ihrem regionalen Geschäftsgebiet ausgerichtet, ordnen sich aber gleichzeitig in den größe­ren deutschen und europäischen Kontext ein. Sie unterliegen der Finanz­marktregulierung, die auf ganz Europa und auf alle Marktteilnehmer zielt – weitgehend unabhängig von unterschiedlichen Geschäftsmodellen und Betriebsgrößen. Reuter mahnte daher zum wiederholten Male: „Die Sparkassen brauchen als Regionalbanken einen anderen Rahmen als etwa Großbanken in Frankreich.Denn sie arbeiten anders und sie bergen weniger Risiken. Der ‚Regulierungsüberhang‘ muss daher weiter abgebaut – und in neuen Themen unbedingt vermieden werden.“ Dazu gehört laut Reuter auch die Einbindung der Kreditinstitute in den „Green Deal“ der EU.

Sustainable Finance mehr lesen schließen

Zur Beschleunigung des Klimaschutzes will die EU-Kommission auch das Finanzsystem der EU nachhaltiger gestalten und hat dazu kürzlich eine neue Strategie mit 6 umfassenden Vorschlä­gen verabschiedet. In dieser Sustainable Finance-Strategie wird der „Green Deal“ auf eine noch breitere Basis gestellt: Die Mobilisierung von Finanz­mitteln aus privaten Quellen bzw. die Investitionstätigkeit von kleinen und mittleren Unternehmen sollen mit voller Kraft gelenkt werden, um den Transformationsprozess zu einer nachhaltigen Ökonomie zu beschleunigen. Mit der Verschärfung der Nachhaltigkeitspolitik rücken auch die Risiken der Finanzwirtschaft, die diese Investitionen finanzieren soll, noch stärker in den Fokus als bisher.

Reuter teilt die gesteigerte Entschlossenheit, dem Klimawandel und anderen ökologischen Problemen entgegenzuwirken, und appellierte auch an die Sparkassen, sich mit Nachdruck zu engagieren. Er warnte aber nochmals eindringlich davor, die Politikmaßnahmen zu stark zu vermischen: „Die vergan­genen Wochen haben uns gezeigt, dass es mehr als wichtig ist, im Klimaschutz noch schneller und umfassender zu handeln. Die Sparkassen unterstützen dieses Ziel nach Kräften. Damit die einzelnen Maßnahmen aber direkt und effizient wirken können, muss der Gesetzgeber jetzt die Regeln so ausgestalten, dass sie Rückenwind geben anstatt zu bremsen. Dazu ist es dringend geboten, auch im Finanzsektor proportional abgestufte Regeln je nach Geschäftsmodel­len und Unternehmensgrößen zu erlassen, damit nicht Fehler aus anderen Regulierungsbereichen wiederholt werden. Gleichzeitig sollte die Nachhaltig­keitsthematik nicht zu stark in den weit verzweigten Instru­mentenkasten der Finanzaufsicht integriert werden, damit ihre Schlagkraft voll erhalten bleibt. Geldpolitik und Finanzmarktaufsicht sollten dringend vermeiden, die Realwirt­schaft mit dem Hebel Finanzwirtschaft fernsteuern zu wollen. Es geht nicht an den, den Umweg über die Finanzwirtschaft zu beschrei­ten, um der notwendigen politischen Diskussion mit der Realwirtschaft auszuweichen, die jetzt einer weit verästelten EU-Taxonomie gegenübersteht. Wir müssen direkt aufs Ziel zuzuge­hen, denn wir haben keine Zeit zu verlieren.“

Europäische Einlagensicherung mehr lesen schließen

Höchste Zeit sieht Reuter auch für ein Ende der Diskussion um die Europä­ische Einlagensicherung, die für das Jahr 2021 als letztes Element der Bankenunion auf der Brüsseler Agenda steht:Es wird schon zum ceterum censeo der Sparkassen: Der Plan der Vergemeinschaftung muss beerdigt werden!Risiko und Haftung müssen zusammenbleiben, eine Vergemein­schaftung der Mittel würde dieses Prinzip zulasten unserer Kunden aufweichen. Dieser Geburtsfehler lässt sich auch durch ein Hybridmodell nicht beheben, wie es die portugiesische EU-Ratspräsidentschaft diskutiert hatte. Die slowenischen Nachfolger müssen hier dringend einen anderen Kurs einschlagen, nämlich auf Basisder Einsicht, dass die Bankenunion bereits seit der Umsetzung der Europäischen Einlagensicherungsrichtlinie im Jahr 2015 vollendet ist – wir brauchen jetzt keine zusätzliche Vollkasko­versicherung für ganz Europa!“

Die Sparkassen lehnen die Initiative der EU-Kommission für eine zentralisierte Einlagensicherung (EDIS – European Deposit Insurance Scheme) seit dem ersten Entwurf ab, weil sie Fehlanreize setzt, Lasten aus einzelnen Mitglieds­ländern auf die gemeinschaftliche Ebene zu verlagern statt in Eigenverantwor­tung zu handeln. Mit Umsetzung der Einlagensicherungsrichtlinie in 2015 ist die von Europa geforderte Harmonisierung der nationalen Systeme 2015 abgeschlossen und damit die Bankenunion faktisch vollendet worden. Das präventive freiwillige Institutssicherungssystem der Sparkassen war dazu angepasst und um die neu von Europa geforderte Einlagensicherungsfunktion erweitert worden. Allein die bayerischen Sparkassen haben seitdem rund 600 Millionen Euro zur zusätzlichen Sicherung der Kundengelder zurückgelegt. Reuter: „Von 100 Euro, die bayerische Kunden bei uns anlegen, gehen sofort 80 Cent zu ihrem Schutz in die Einlagensicherung (0,8 Prozent der gedeckten Einlagen sind gefordert) – wir arbeiten nur noch mit 99,20 Euro. Und weil die Sparkassen bekanntlich besonders einlagen­stark sind, häuft sich da ein guter Betrag an. Er ginge im Fall der Vergemein­schaftung direkt in einen gemeinsamen Topf nach Brüssel, aus dem dann etwa die Rettung einer Bank mit Sicht aufs Mittelmeer finanziert würde. So wird allenfalls das Misstrauen in Europa gefördert, nicht aber der Bankenmarkt stabilisiert!“

Reuter formulierte den dringenden Appell, nicht wieder und weiter alle Kredit­institute über den gleichen Kamm zu scheren: „Die Kunden der bayerischen kommunalen Sparkassen brauchen für die Sicherung ihrer Einlagen keine euro­paweite Absicherung. Sinnvoll kann eine Zusammenlegung allenfalls für Banken mit internationalen Geschäftsmodellen sein. Die Kommission muss zumindest subsidiär ausgleichende Institutssicherungssysteme von der Zentra­lisierung ausklammern!“

Fluthilfe mehr lesen schließen

Abschließend gedachte Reuter der Opfer der Flutkatastrophe Mitte Juli, die in Teilen auch die Geschäftsgebiete bayerischer Sparkassen betraf. „Was hier passiert ist, hat uns alle zutiefst schockiert und zeigt uns eindringlich, dass die Bekämpfung des Klimawandels unaufschiebbar ist. Die bayerischen Sparkassen sind jetzt solidarisch mit allen, die von der dramatischen Lage betroffen sind, und trauern um die Opfer dieser Katastrophe. Wir helfen jetzt dabei, die Folgen zu bewältigen.“

Neben schnellen und unkomplizierten Kredithilfen einiger Sparkassen für betroffene Kunden wurde die breite Spendenaktion „Jetzt helfen.“ (wirwunder.de/fluthilfe) aufgesetzt, mit denen bundesweit Hilfswillige zur Unterstützung beitragen können. Bislang konnten mehr als 1,1 Millionen Euro eingesammelt werden. Die bayerischen Sparkassen und ihre Verbundpartner haben außer­dem selbst bisher insgesamt über 400.000 Euro für Hilfen an die Regionen Berchtesgadener Land, Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen gespendet. Reuter hob hervor, dass die Sparkassen Finanzgruppe nicht nur in guten Zeiten eng an der Seite der Gesellschaft steht: „Sparkassen wurden erfunden, um eine stabile finanzielle Basis für die Menschen zu schaffen. Und sie sind auch da, wenn diese Basis durch Naturkatastrophen attackiert wird.“ Um die Hilfen auch von außen weiter zu stärken, warb Reuter in seinem Schlusswort um die Fort­setzung der bisher gezeigten Solidarität und Spendenbereitschaft.