25.03.2021 | Bayerische Sparkassen: Massives Kredit- und Einlagenwachstum

Kundenvertrauen verfestigt sich in der Corona-Krise

Prof. Dr. Ulrich Reuter: "Meine Prognose ist: Die Sparkassen in Bayern können im angelaufenen Jahr ihre Ergebnisse stabilisieren."

„In der Corona-Zeit haben die bayerischen Sparkassen ihre Rolle als Marktführer im Kundengeschäft und im Vertrauen der Menschen behauptet,“ stellte Prof. Dr. Ulrich Reuter, Präsident des Sparkassenverbands Bayern, heute in München fest. „Gutes Krisenmanagement, die rasche Anpassung der Prozesse an die Ausnahmesituation und eine überaus effektive Unterstützung im Lockdown für Privat- und Unternehmenskunden haben die Kunden noch enger an ihre Sparkassen gebunden. Das Augenmerk richtet sich nun auf die Nachsorge für entstandene Engpässe und die Begleitung in den allgemein erwarteten Aufschwung nach der Pandemie.“

Schlaglichter zum Jahr 2020

  • Das Kreditvolumen der bayerischen Sparkassen hat 2020 erstmals die Rekordmarke von 150 Milliarden Euro überschritten (+5,8 Prozent, das ist die höchste Wachstumsrate der letzten 10 Jahre).
  • Auch das Kreditneugeschäft wuchs im Pandemiejahr auf Rekordniveau: Die Darlehenszusagen an Unternehmen und Selbständige betrugen fast 20 Milliarden Euro (+18,2 Prozent). Davon entfielen 2,1 Milliarden Euro auf vermittelte staatliche Förderkredite (9.970 Anträge). Das Hausbankprinzip hat sich hier besonders bewährt, die dringend benötigten schnellen Kreditentscheidungen wurden so erst möglich.
  • Geholfen haben den Sparkassen die Corona-Regulierungserleichterungen für Kreditinstitute: Die Aussetzung von Berichtspflichten, Vor-Ort-Prüfungen und vielen bürokratischen Anforderungen haben den Instituten bereits zu Beginn erlaubt, sich voll darauf zu konzentrieren, den operativen Betrieb aufrechtzuerhalten. Aber selbst die Beibehaltung dieser Erleichterungen kann die dauerhaft überhöhte Belastung der Sparkassen nicht ausgleichen. Als Regionalbanken brauchen sie dringend mehr Verhältnismäßigkeit in der Regulierung. Dies gilt besonders vor dem Hintergrund der EZB-Zinspolitik.
  • In der Corona-Zeit manifestiert sich das Kundenvertrauen nochmals deutlich: Die Einlagen der bayerischen Sparkassen stiegen auf 187,6 Milliarden Euro, das Wachstum war mit +7,2 Prozent so hoch wie seit über 10 Jahren nicht. Allein im Dezember flossen den bayerischen Sparkassen Einlagen in Höhe von 3,1 Milliarden Euro zu. Denn trotz negativem Zinsumfeld haben die Menschen 2020 deutlich mehr gespart bzw. pandemiebedingt nicht ausgegeben: Die täglich fälligen Sichteinlagen stiegen dabei um 14 Prozent an. Dieses starke Wachstum wird vordringlich von Privaten getragen, doch auch Unternehmen haben ihre Sichteinlagen um knapp ein Fünftel gesteigert.
  • Mit dem Ausbruch der Corona-Krise verschärft sich die Problematik des zunehmenden Einlagenüberhangs der Sparkassen in doppelter Weise. Die Ersparnisse nehmen beschleunigt zu. Gleichzeitig wird die Negativzinssituation durch die EZB-Geldpolitik weiter verschärft.
  • Während das Marktumfeld vor der aktuellen Krise bereits sehr herausfordernd war, müssen sich die Sparkassen auch durch die Nachwirkungen der Corona-Krise in den kommenden Jahren weiteren großen Herausforderungen stellen: Die Präferenz der Kunden verlagert sich zusehends zu digitalen Kanälen. Allein im Pandemiejahr nahm die Zahl der Online-Banking-Kunden der bayerischen Sparkassen um eine halbe Million zu.
  • Reuter rechnet bei fortschreitenden Impferfolgen mit einer Belebung der Wirtschaft ab Jahresmitte. „Als Sparkassen werden wir insgesamt gut unterwegs sein. Der Zinsüberschuss wird zwar weiter sinken, doch wir arbeiten sehr intensiv an den Kosten. Meine Prognose ist: Die Sparkassen in Bayern können im angelaufenen Jahr ihre Ergebnisse stabilisieren. Der Rückgang des Betriebsergebnisses wird sich meiner Überzeugung nach verlangsamen, weil viele Maßnahmen greifen.“

Geschäftsentwicklung im Pandemiejahr

Unternehmenskunden 2020: Lockdown und Kreditrekord mehr lesen schließen

Unternehmen und Selbständige sind weiterhin die größte Kundengruppe im Kreditgeschäft der bayerischen Sparkassen: Sie stehen für 54 Prozent aller vergebenen Kredite (Gesamtvolumen Kredite: 150,6 Milliarden Euro). Gleichzeitig halten sie 14 Prozent der Einlagen bei den Sparkassen. Die zunehmend tiefe Verwurzelung im mittelständischen Firmenkundengeschäft, im Handwerk und bei den Selbständigen zeigt die zentrale Stellung der Sparkassen für die bayerische Wirtschaft: Sie bilden seit vielen Jahrzehnten das finanzielle Rückgrat für die Unternehmen in den Regionen und stehen damit dort auch für wirtschaftlichen Erfolg und sichere Arbeitsplätze. Reuter: „Wenn sich so manche Privatbank jetzt aus den Auslandsmärkten zurückzieht und neu entdeckt, dass sie angeblich die gleiche DNA wie der kleinere Mittelstand hat, wird sie feststellen müssen, dass der nicht auf sie gewartet hat.“

 

Unternehmenskredite boomen in der Corona-Zeit  

Der Bestand an Unternehmenskrediten wuchs 2020 überdurchschnittlich um 6,3 Prozent auf 81,2 Milliarden Euro. Reuter betonte: “Die schnellen und passenden Liquiditäts- und Finanzierungshilfen der Sparkassen gleich zu Beginn des ersten Lockdowns haben viele Unternehmenskunden nachhaltig stützen können und vor einem plötzlichen Abrutschen bewahrt. Auch in der Folgezeit waren die Berater im Dauereinsatz, um mögliche finanzielle Beeinträchtigungen ihrer Kunden abzuwehren bzw. einzudämmen. Dabei hat es sich extrem bewährt, dass lange Kundenbeziehungen gepflegt werden, denn diese über die Zeit erworbene Vertrautheit hat schnelle Einschätzungen oft erst möglich gemacht. Hier schlägt eine Hausbank jede Plattform.“

 

2016

2017

2018

2019

2020

Kreditvolumen Unternehmen(in Mrd. €)

64,6

68,2

72,1

76,3

81,2

Veränd. ggü. Vorjahr

+4,2 %

+5,6 %

+5,6 %

+5,9 %

+6,3 %

 

Im Jahr 2020 wurden neue Darlehenin Höhe von 19,9 Milliarden Euro an Unternehmen und Selbständige zugesagt. Das sind 18,2 Prozent mehr als im Vorjahr. Auch die Darlehensauszahlungen an Unternehmen sind deutlich angestiegen, sie betrugen knapp 18 Milliarden Euro (+17,3 Prozent). Reuter dazu: „Der rasche Geschäftseinbruch infolge des Lockdowns hat sehr schnell eine hohe Nachfrage nach Kreditmöglichkeiten ausgelöst und auch in den anderen Quartalen ist das 2019er-Kreditvergabe-Niveau deutlich übertroffen worden. Die staatlichen Förderkredite waren dabei nur ein Treiber – die Unternehmen brauchen meist einen Mix aus Finanzierungsinstrumenten. Der größte Zuwachs erfolgte in den eigenen Kreditbüchern der Sparkassen. Letztlich wurden hier nicht nur Kreditlinien eröffnet, sondern auch tatsächlich in Anspruch genommen. Das war alles andere als eine Kreditklemme!“

 

2016

2017

2018

2019

2020

Darlehenszusagen

Unternehmen 
 (in Mrd. €)

13,8

15,1

16,1

16,9

19,9

Veränd. ggü. Vorjahr

+0,6 %

+9,1 %

+7,1 %

+4,5 %

+18,2 %

 

Von Mitte März bis zum Jahresende 2020 haben die bayerischen Sparkassen 2,1 Milliarden Euro an Förderdarlehen im Rahmen der Corona-Hilfe vermittelt. Insgesamt waren das 6.000 KfW-Darlehen mit einem Volumen von insgesamt knapp 1.686 Millionen Euro, fast 4.000 LfA-Darlehen mit einem Volumen von rund 418 Millionen Euro inklusive Darlehen der Landwirtschaftlichen Rentenbank. Diese bereits bewilligten Förderkredite sind fest zugesagt bzw. bereits ausbezahlt.  Außerdem konnten die bayerischen Sparkassen ihren Kreditkunden zur Entlastung im Lockdown Tilgungsaussetzungen für bereits laufende Kredite zusagen. Insgesamt wurden rund 26.000 Stundungen für Gewerbe- und Firmenkunden über umgehend geschaffene, neue Online-Antragsmöglichkeiten bestätigt.

Reuter: „So etwas gab es auf Vermittlungsplattformen nicht. Aberwir sind bereit und wir sind schnell. In der Pandemie zeigt sich wieder einmal der Vorteil von zentral unterstützten regionalen Hausbanken für unseren Mittelstand, den es so in anderen Ländern ja gar nicht gibt. Genauso regional und wendig wie die Unternehmen können auch die Sparkassen agieren, weil sie dezentral aufgestellt sind und passgenaue Entscheidungen vor Ort treffen können. Parallel sind sie durch ihren zentralen IT-Dienstleister auch online unmittelbar einsatzfähig.“

Die Unternehmen und Selbständige in Bayern haben 2020 auch ihre Sichteinlagen bei den Sparkassen (+19,9 Prozent) deutlich aufgestockt. Sie sichern sich Liquidität und verschieben Investitionen auf die Zeit nach Covid 19.

Privatkunden 2020: Geldvermögen erreicht Höchststand mehr lesen schließen

Privatpersonen bilden insgesamt die größte Kundengruppe der bayerischen Sparkassen: Sie stehen für 41,2 Prozent des Kreditvolumens und 78,6 Prozent aller Einlagen (Gesamtvolumen Einlagen: 187,6 Milliarden Euro).

 

Noch stärkerer Zuwachs privater Kundeneinlagen

Die Einlagen der Privatkunden sind in der Pandemie 2020 deutlich angestiegen: Sie legten um 7,4 Milliarden Euro auf 147,4 Milliarden Euro zu (+5,3 Prozent).

 

2016

2017

2018

2019

2020

Einlagenvolumen priv.

(in Mrd. €)

123,2

128,1

133,8

140,0

147,4

Veränd. ggü. Vorjahr

+4,5 %

+4,0 %

+4,4 %

+4,6 %

+5,3 %

Der Zuwachs resultiert ausschließlich aus der erneut starken Zunahme (+13,2 Prozent) von täglich fälligen Geldern/Sichteinlagen. Alle anderen Einlageformen, v.a. Spareinlagen, waren 2020 wieder rückläufig, da die Niedrigzinssituation keine rentierliche Geldeinlage zulässt. Drei Viertel aller neuen Sichteinlagen stammen von Privatkunden.

 

2016

2017

2018

2019

2020

Sichteinlagen priv.

(in Mrd. €)

76,0

82,3

89,1

97,4

110,3

Veränd. ggü. Vorjahr

+10,8%

+8,2 %

+8,3 %

+9,4 %

+13,2%

 

Reuter dazu: „Während Handel und Gastronomie unter den Folgen der Pandemie leiden, geben die privaten Haushalte deutlich weniger Geld aus. Die unsichere wirtschaftliche Lage und mangelnde Konsummöglichkeiten treiben die Sparquoten der Verbraucher nach oben. Das Geld ist dann einfach auf den Girokonten stehen geblieben, statt in andere Anlagen gesteckt zu werden. Für die Sparkassen gerät diese überschießende Liquidität allerdings immer mehr zur Belastung. Sie sind damit unabhängig von Refinanzierungen an den Kapitalmärkten, doch sie geraten immer stärker unter Druck in ihrem Zinsergebnis.“

 

 

Private Immobilienkredite wachsen im Lockdown

Über 90 Prozent der 2020 ausgereichten Kredite der Sparkassen an Privatpersonen waren Immobilienkredite (56,2 Milliarden Euro; +6,5 Prozent). Die Pandemie hat die außerordentlich hohe Nachfrage nicht gebremst, das Immobiliengeschäft wies sogar das größte Wachstum der vergangenen 10 Jahre auf. Denn die eigenen vier Wände haben im Lockdown eine neue, noch größere Bedeutung als Lebensmittelpunkt erhalten. Und Wohneigentum dient als stabile Vermögensanlage und damit attraktive Altersvorsorge. 2020 wuchs daher, wie schon im Vorjahr, das Neugeschäft überdurchschnittlich: Die Zusagen für Wohnungsbaukredite an Privatpersonen wuchsen um 16,4 Prozent auf 12,6 Milliarden Euro. Reuter erklärte: „Im Lockdown haben sich Viele neu mit ihren Prioritäten auseinandergesetzt – während weniger Konsum und Reisen möglich waren, sind die unmittelbaren Lebensumstände stärker in den Fokus gerückt. Gleichzeitig sorgt die mittlerweile verschärfte Niedrigzins-Durststrecke dafür, dass viele die Möglichkeit zum Vermögensaufbau bevorzugt im Immobilienerwerb statt in Geldanlagen sehen.“

Der Markt für private Immobilien bleibt aber weiterhin eng, die Nachfrage nach zum Verkauf stehenden Immobilien trifft auf ein vergleichsweise knappes Angebot v. a. in Ballungsgebieten. Dennoch und trotz der Corona-bedingten Einschränkungen konnte die Sparkassen-Immobilien-Vermittlungsgesellschaft 2020 fast 10.000 (9.397) Objekte an Sparkassen-Kunden vermitteln. Reuter: „Der Markt boomt auch weiterhin. Dabei sehe ich noch immer keine Gefahr der Blasenbildung, denn die Finanzierung der Objekte ist solide und ein Nachfrage-Rückgang ist auch in der Pandemie nicht in Sicht. Angesichts der steigenden Preise können sich aber immer weniger Menschen Wohneigentum als Baustein der Altersvorsorge leisten. Gerade junge Familien bräuchten hier mehr Unterstützung durch die Politik. Eine Lösung sehe ich in höheren Quoten für den geförderten Wohnungsbau.“

Auch für das künftige Immobiliengeschäft legen die Kunden bereits heute die Grundlagen mit dem Abschluss eines Bausparvertrags. Nach zwei sehr erfolgreichen Jahren 2018/19 konnten die bayerischen Sparkassen 2020 87.012 Bausparverträge bzw. eine Bausparsumme von 5,89 Milliarden Euro vermitteln. Das waren 5,1 Prozent weniger Verträge als im Vorjahr, was der erschwerten persönlichen Beratung während der pandemiebedingten Schließung von Geschäftsstellen geschuldet ist. Die seit 2021 verbesserte Wohnungsbauprämie (Einkommensgrenze von 25.600 auf 35.000 Euro, Prämienhöhe 10 Prozent auf Einzahlung) dürfte neben vermögenswirksamen Leistungen, Arbeitnehmersparzulage sowie Wohn-Riester mehr effektive Förderungen ermöglichen. Reuter: „Wir begrüßen es sehr, dass der Gesetzgeber hier Bewegung hineingebracht hat. Wie nötig das war zeigt, dass die Ausgaben des Bundes für die Wohnungsbauprämie zwischen 2006 und 2018 von 500 Millionen Euro auf rund 160 Millionen Euro gesunken sind. Es ist wichtig, dass jetzt wieder mehr Menschen auch mit kleineren Beiträgen sinnvoll Eigenkapital aufbauen können.“

 

Geldvermögensbildung und Wertpapiere

2020 war ein Wertpapierjahr bei den Kunden der bayerischen Sparkassen. Der Umsatz stieg um 30,8 Prozent auf 23,9 Milliarden Euro, getragen in erster Linie durch den Handel mit Aktien und Optionsscheinen. Das ist ein absoluter Spitzenwert. Dabei überstiegen die Wertpapier-Käufe mit 13,8 Milliarden Euro wieder deutlich die Verkäufe in Höhe von 10,1 Milliarden Euro, so dass der Nettoabsatz im Gesamtjahr 2020 um 74 Prozent gestiegen ist. Reuter begrüßte diese Entwicklung sehr: „Immer mehr Menschen verinnerlichen inzwischen, dass nicht in Aktien zu investieren auf Dauer das größere Risiko für das Ersparte sein kann. Dass die Käufe von Aktien um 111 Prozent, die Verkäufe um 97 Prozent gestiegen sind, zeigt deutlich, dass es unsere Kunden immer häufiger auch positiv annehmen, dass der Vermögensaufbau als Kern der privaten Vorsorge nicht mehr länger nur über Spar- und Sichteinlagen funktioniert.“ Daran habe auch der kurzzeitige Börsen-Einbruch zu Beginn der Pandemie nichts geändert. Er sehe aber noch hohes Potenzial für die Kunden, wenn er auf den Kurswert der Kunden-Wertpapierdepots sehe. Reuter warnte gleichzeitig: „Viele andere bleiben – laut einer Umfrage der EZB selbst ‑ sehr unzufrieden mit der Niedrigzinspolitik, fühlen sich zu Aktienkäufen und damit höheren Anlagerisiken gedrängt, wenn sie auskömmliche Renditen erreichen wollen. So lange die Politik aber so bleibt, geht es nur mit Wertpapieren – das Risiko kann gemanagt werden.“

Nicht alle Kunden wollen ihre Wertpapier-Anlage selbst strukturieren. Sie nutzen dann die kompetente Beratung bei ihrer Sparkasse oder nehmen Investmentfonds in ihr Depot. Auch diese Käufe haben 2020 deutlich zugenommen: Sie stiegen um +16,2 Prozent auf 5,6 Milliarden Euro (2019: +11,3 Prozent), der größte Teil davon waren Investmentfonds unseres Verbundpartners Deka. 

Die Zahl der Fondssparpläne mit der Deka stieg 2020 um 148.487 Verträge (+16 Prozent; 2019: +15 Prozent). Damit haben jetzt erstmals mehr als eine Million Kunden einen Fondssparplan. Reuter betonte, wie wertvoll Wertpapiere auch bei kleineren, regelmäßigen Sparbeiträgen für den mittel- bis langfristigen Aufbau von Kapital sind: „Bei gut vertretbarem Risiko kann hier langfristig eine lukrative Geldanlage in Wertpapieren organisiert werden. Über die Jahre kann so ein wertvoller Beitrag zur Altersvorsorge entstehen.“

Nicht nur Wertpapiere haben aber im abgelaufenen Geschäftsjahr zur positiven Entwicklung des Geldvermögens der Kunden beigetragen: 2020 war insgesamt ein absolutes Jahr der Geldvermögensbildung für die Kunden der bayerischen Sparkassen. Die Kunden legten 17,1 Milliarden Euro neu auf ihren Konten, Depots, in Bausparverträgen und Lebensversicherungen an. Mit diesem Plus von 60,3 Prozent wurde ein neuer Höchststand erreicht. 10,4 Milliarden Euro davon liegen bei den privaten Kunden.„Wenn die Pandemie unter Kontrolle ist, dürfte das unfreiwillige Sparen aber recht rasch nachlassen. Wir erwarten einen Nach- und Aufholprozess sobald sich die gesundheitliche Lage stabilisiert und breite Öffnungen möglich werden“, hob Reuter hervor. Vor allem bei Haushalten mit höheren Einkommen dürfte der Vermögenszuwachs aber dauerhaft bleiben, da sie ohnehin einen geringeren Teil der Einkünfte verbrauchen und die verstärkten Ersparnisse nicht in den neuen Konsum fließen.“

Rentabilität der bayerischen Sparkassen 2020 mehr lesen schließen

Zinsüberschuss weiterhin deutlich rückläufig

Die operative Geschäftsentwicklung zeigt, dass das Kundengeschäft der bayerischen Sparkassen im Pandemiejahr 2020 noch stärker gewachsen ist als in den Vorjahren. Da die Einlagen mit +7,2 Prozent sogar noch stärker als die Kredite mit +5,8 Prozent gewachsen sind, hat sich damit allerdings der bereits bestehende Einlagenüberschuss noch weiter vergrößert und infolgedessen auch die Ertragsproblematik der bayerischen Sparkassen verschärft. Denn das gute Wachstum kann sich in der aktuellen Zinssituation nicht positiv im Ergebnis niederschlagen, es verstärkt sogar den bereits vorhandenen Trend zu sinkenden Zinsergebnissen: 2020 ist der Zinsüberschuss um 3,1 Prozent auf 3.155,1 Millionen Euro gesunken. Reuter erklärte: „Man sieht den Markterfolg förmlich dahinschmelzen, er wird durch die Negativzinspolitik quasi sofort wieder neutralisiert. Der Zinsüberschuss aber ist das Herzstück des Geschäftsmodells der Sparkassen – sie brauchen ihn eigentlich dringend, um einen nachhaltig stabilen Geschäftsbetrieb zu gewährleisten. Es ist also weiterhin konsequente Gegensteuerung gefordert.“

 

2016

2017

2018

2019

2020

Zinsüberschuss

(in Mio. Euro)

3.606,3

3.447,6

3.305,1

3.256,8

3.155,1

Veränd. ggü. Vj.

-3,8 %

-4,4 %

-4,1 %

-1,5%

-3,1 %

Das Grundproblem bleibt die von der Europäischen Zentralbank gesteuerte Zinssituation. „Durch ihre Politik ist der Zinsüberschuss, der die Hauptertragsquelle für Sparkassen ist, nachhaltig und mit Blick nach vorne dramatisch rückläufig,“ so Reuter. Denn in einer Welt ohne Zinsen fehlt den Sparkassen die Grundlage für ihr Geschäftsmodell – der Preis für Geld. Und genauso wie ihren Kunden fehlt es auch ihnen an rentierlichen Anlagemöglichkeiten. Kunden parken Geld in Sichteinlagen, die zwar keinen Zinsertrag bringen, aber sicher sind. Das vergrößert den Einlagenüberhang der Sparkassen, die damit aber nicht wie früher arbeiten können:

  1. Das Zinsniveau im Kreditgeschäft ist so niedrig, so dass die Zinsmarge immer weiter schrumpft.
  2. Gleichzeitig wächst der Überhang, den die Sparkassen ihrerseits auch nur teuer bzw. nur zu höherem Risiko am Markt anlegen können. Denn die EZB hat nicht nur den Marktzins abgeschafft, sondern erwirbt zudem alle guten Anleihen am Markt selbst. Reuter: „Die Bilanzsumme der EZB im Euroraum hat sich seit 2014 in etwa verdreifacht! Und das mit Anleihekäufen ganz unterschiedlicher Bonitäten.“
  3. Ein Teil des Einlagenüberhangs wird daher bei anderen Kreditinstituten oder der Bundesbank eingelegt, dafür fallen aber Verwahrentgelte an.
  4. Mit der anhaltend flachen Zinsstruktur brechen Erträge aus der Fristentransformation zwischen Anlagen unterschiedlicher Laufzeiten weg.

„Der Virus, der uns mindestens genauso drückt wie der, gegen den es bereits eine Impfung gibt, ist also der Negativzins,“ resümierte Reuter. Denn unter den ungünstigen Zinsbedingungen könnten die Sparkassen mit dem großen Liquiditätsüberschuss schlicht nicht wie früher gut arbeiten. Ein Ende der Zinssituation sei angesichts der pandemiebedingten Verlängerungen der EZB-Politik aber nicht zu erwarten. „Auf Dauer wird es damit immer noch schwieriger, den Rückgang über andere Ertragsquellen und Kostensenkungen aufzufangen. Inzwischen sind deshalb immer mehr Sparkassen durch das Handeln der EZB gezwungen, selbst Verwahrentgelte zu erheben,“ so Reuter.  „Zumindest im Neugeschäft wird es auf Dauer nicht möglich sein, auf Verwahrentgelte bei großen Summen zu verzichten. Sehr lange haben die Sparkassen alles getan um diesen Schritt zu vermeiden, widerspricht er doch komplett unserer eigentlichen Ausrichtung und Grundüberzeugung. Es schmerzt uns, dass wir unsere Kunden nicht weiter vor der EZB-Politik schützen können.“

Betriebsergebnis vor Bewertung rückläufig

2020 erzielten die bayerischen Sparkassen ein Betriebsergebnis vor Bewertungvon rund 1.609,4 Millionen Euro. Es liegt um 1,4 Prozent bzw. 23 Millionen Euro unter dem Vorjahresergebnis. Maßgeblich für diese Entwicklung war, dass der starke Rückgang des Zinsüberschusses (-101,7 Millionen Euro) auch durch eine Steigerung der Provisionsüberschüsse (+56,1 Millionen Euro) nicht kompensiert werden konnte. Auch die Sparmaßnahmen der Sparkassen konnten keinen Ausgleich schaffen: Gesunkene Personalkosten (‑29,5 Millionen Euro) können bei gestiegenen Sach- und sonstigem Aufwand nicht dagegenhalten. 2020 hatten die Sparkassen erhöhte Aufwände für Hygienemaßnahmen, Corona-Bestimmungen, die Umstellung auf Homeoffice sowie Wechselkonzepte zur Aufrechterhaltung der Dauerbetriebsbereitschaft.

Dementsprechend hat sich auch die Cost-Income-Ratio der bayerischen Sparkassen von 65,4 Prozent in 2019 auf 65,6 Prozent in 2020 leicht verschlechtert. Für jeden Euro Erlös mussten die bayerischen Sparkassen im vergangenen Jahr also fast 66 Cent einsetzen.

 

2010

2015

2018

2019

2020

Betriebsergebnis vor Bewertung

(in Mio. €)

1.958,3

1.815,3

1.671,3

1.632,7

1.609,4

Veränd. ggü. Vorjahr

 

 

-4,9 %

-2,3 %

-1,4 %

Das operative Ergebnis der 64 bayerischen Sparkassen nimmt insgesamt und auch bei allen einzelnen bayerischen Sparkassen bereits seit Jahren ab. Bei den meisten Sparkassen deckt der Zinsüberschuss gerade den Verwaltungsaufwand, bei ca. einem Drittel der Institute liegt er bereits darunter. Permanente Effizienzsteigerungen, Kostenoptimierungsmaßnahmen und auch wachsende Erfolge im Kundengeschäft können das Betriebsergebnis von Jahr zu Jahr nicht auf dem alten Niveau halten. Vor dem Hintergrund der Verschärfung der Negativzins-Landschaft durch die Corona-Krise schreiben die Hochrechnungen diesen Trend auch für die kommenden Jahre fort. „Über alle Häuser betrachtet ist das Betriebsergebnis gerade noch zufriedenstellend,“ warnte Reuter.

Alle bayerischen Sparkassen haben 2020 konsequent ihre Anstrengungen im Kundengeschäft ausgeweitet, so dass sie mit dem guten Wachstum im Kundengeschäft ihren Provisionsüberschuss erneut steigern konnten (2020: +4,0 Prozent; 2019: +6,2 Prozent, 2018: +2,9 Prozent; 2017: +10 Prozent).

Gleichzeitig konnten sie die Zahl der Beschäftigten wie bereits in den Vorjahren weiter senken (2020: -2,2 Prozent 2019: -2,1 Prozent, 2018: ‑3,3 Prozent) indem sie konsequent Altersteilzeitprogramme, angepasste Arbeitszeitmodelle und die natürliche Fluktuation nutzten. So gelang es, den Personalaufwand um 1,4 Prozent abzubauen. „Mit diesen Gesamtpersonalkosten von rund 2 Milliarden Euro für 35.813 Beschäftigte könnte man übrigens gerade den Boni-Pool mancher Großbank in Deutschland füllen,“ erklärte Reuter. Mit dem Tarifabschluss in 2020 ist für die nächsten beiden Jahre eine moderate Entwicklung der Personalkosten zu erwarten. Dies fügt sich in die Gegensteuerungsmaßnahmen der Sparkassen ein, der Trend zur Senkung des Personalstands wird davon aber nicht berührt.

Reuter zeigte sich zuversichtlich, dass die bayerischen Sparkassen insgesamt auf ihrem weiteren Weg zur Ertragsstabilisierung auch 2021 erfolgreich sein können. Ansatzpunkte zur Kostensenkung seien weiterhin klassische Hebel wie der Personalaufwand als auch strukturelle Straffungen in den einzelnen Sparkassen wie auch in der Sparkassen-Finanzgruppe insgesamt. Er stellte aber auch klar: „Die Bankenaufsicht formuliert die Erwartung an uns, unser Geschäftsmodell rentabel aufzustellen, damit wir unserer ökonomischen Aufgabe, der regionalen Finanzierung der Volkswirtschaft, gerecht werden können. Dazu gehöre es auch, dass Leistungen eingeschränkt oder aber auch teurer werden könnten. Für uns bedeutet das, dass wir den eingeschlagenen Weg weitergehen müssen – wir werden nicht umhinkommen, weiter an unseren Preis-/Leistungsmodellen zu arbeiten und schmerzhafte Schritte zu prüfen bzw. letztlich zu vollziehen.“

Bewertungsergebnis/Jahresüberschuss

Unter dem Strich steht bei den bayerischen Sparkassen für das Geschäftsjahr 2020 ein Betriebsergebnis nach Bewertung von 868,1Millionen Euro (2019: 975,7 Millionen Euro). Nach den noch vorläufigen Berechnungen (Ende der Jahresabschlussprüfungen: 31.05.2021) wird nach Steuern am Ende ein Jahresüberschuss von 309,7 Millionen Euro (2019: 379,2 Millionen Euro) stehen.  Reuter dazu: “Angesichts der sehr schwierigen Rahmenbedingungen sind wir zufrieden mit diesem Ergebnis. Ich gehe davon aus, dass wir es im Lauf dieses Jahres auch weiter stabilisieren können. Dennoch ist der Ergebnisrückgang dramatisch – wenn sich die Entwicklung ohne Veränderung der Rahmenbedingungen fortsetzt oder gar noch verschärft, sind wir von einem Krisenszenario nicht weit entfernt.

Das Bewertungsergebnis im Kreditbereich ist zum zweiten Mal in Folge im negativen Bereich. Mit Blick auf mögliche Pandemie-bedingte Zahlungsschwierigkeiten einzelner Kunden sowie durch einen aufsichtlich anstehenden Methodenwechsel fällt die Kreditrisikovorsorge bei den bayerischen Sparkassen 2020 sogar deutlich höher aus als im Jahr 2019. Fast alle Institute haben wegen der unklaren Wertberichtigungssituation vorsorglich die Zuführung zur Pauschalwertberichtigung deutlich erhöht. Reuter dazu: „Es handelt sich dabei um Rückstellungen aus Vorsicht. Konkrete Kreditausfälle im größeren Umfang hatten wir aber bisher nicht. Ich bin verhalten optimistisch, dass das so bleibt. Schließlich sind wir nicht nur durch die Aufsicht, sondern auch durch eigene Vorsicht gehalten, bei Kreditvergaben sehr kritisch hinzusehen. Die Sparkassen kennen ihre mittelständischen Kunden gut, und spektakuläre große Fälle gehen an den Sparkassen ohnehin in aller Regel vorbei. Nach allen Erfahrungen der letzten Jahrzehnte wird es aber nach der langen konjunkturell begünstigten Phase irgendwann auch ohne die Corona-Effekte Korrekturen geben.“

Die Corona-Betroffenheit der bayerischen Sparkassen im Kreditgeschäft ist auch angesichts der von ihnen finanzierten Branchen nicht sehr stark ausgeprägt: Nur 7,7 Prozent der Kredite der bayerischen Sparkassen sind an Unternehmen und Selbständige vergeben, die 2020 große bis sehr große Umsatzeinbußen hinnehmen mussten. Das sind vor allem Kunden aus dem Tourismus und Gastgewerbe, aus kreativen Berufen oder Sporteinrichtungen aber auch aus dem Maschinenbau und dem Transportwesen. Umgekehrt war ein mit 30 Prozent vergleichsweise großer Anteil der Firmenkreditkunden gar nicht von Umsatzeinbußen betroffen oder hat sein Geschäft während der Pandemie sogar ausbauen können. 

Reuter resümierte: „Die Schäden aus der Pandemie in der Realwirtschaft sind nur zum Teil schon entstanden, ein Teil wird durch die staatliche Stützung im Moment noch verzögert. Bei manchen gehen bald die Reserven zu Neige, das wird die Insolvenzzahlen steigen lassen. Doch die Mehrzahl unserer Kunden hatte insgesamt eine gute Ausgangsposition bei Pandemiebeginn, was Ertragslage und Eigenkapitalbasis angeht – das macht sie ausdauernd. Und auch um die Sparkassen in Bayern mache ich mir wegen Corona-Belastungen keine Sorgen. Sie konnten in den vergangenen Jahren Eigenkapital aufbauen und können daher auch etwaige Folgen aus Insolvenzen von Kreditkunden verkraften. Es zeigt sich jetzt, dass es absolut richtig war, in den vergangenen Jahren trotz aller Belastungen Eigenkapital aufzubauen.“