Die Privatkunden bilden insgesamt die größte Kundengruppe der bayerischen Sparkassen: Sie stehen für 41 Prozent des Kreditvolumens und 77 Prozent aller Einlagen (Private Einlagen: 152,4 Milliarden Euro).
Verlangsamter Zuwachs privater Kundeneinlagen
Die Einlagen der Privatkunden sind auch 2022 angestiegen, die Dynamik der Jahre vor bzw. auf dem Höhepunkt der Pandemie hat sich allerdings gelegt: Die privaten Einlagen stiegen um +1,2 Prozent bzw. 1,8 Milliarden Euro, das ist nur mehr ein Viertel des Zuwachses während des ersten Lockdown-Jahres 2020.
| 2018 | 2019 | 2020 | 2021 | 2022 |
Einlagenvolumen priv. (in Mrd. €) | 133,8 | 140,0 | 147,4 | 150,6 | 152,4 |
Veränd. ggü. Vorjahr | +4,4 % | +4,6 % | +5,3 % | +2,2 % | +1,2 % |
Das Einlagenwachstum setzt sich auch strukturell anders zusammen: Waren es in den Vorjahren v. a. die täglich fälligen Gelder/Sichteinlagen, die die Kunden den Sparkassen anvertrauten, so zeigt sich im Jahr der Zinswende mit +368,4 Prozent ein äußerst deutlicher Zuwachs bei denEigenemissionen der Sparkassen, das sind v. a. Sparkassenbriefe, und bei den Termingeldern (+166,1 Prozent).
| 2018 | 2019 | 2020 | 2021 | 2022 |
Sichteinlagen priv. (in Mrd. €) | 89,1 | 97,4 | 110,3 | 114,4 | 115,3 |
Veränd. ggü. Vorjahr | +8,3 % | +9,4 % | +13,2% | +3,7 % | +0,7 % |
Reuter dazu: „Viele private Haushalte kämpfen mit der Inflation und hohen Energiepreisen, konnten über das Gesamtjahr weniger zurück- bzw. anlegen. Die Sparquote ist nach dem Corona-Hoch wieder gesunken. Wer aber anlegt, findet seit 2022 – entgegen vielen Vorurteilen – wieder attraktive verzinsliche Anlagemöglichkeiten für mittelfristige Anlagehorizonte. Die Zinswende ist auch hier spürbar, und sie kommt auch bei den Sparern an.“
Der Zinswettbewerb wird infolge der Angebote von Neobanken derzeit v. a. im Tagesgeldbereich verortet. Sparkassen haben allerdings sehr viele langfristige Kreditengagements zu sehr niedrigen Kreditzinsen vereinbart. Diese Lang-fristorientierung sichert stabile Kalkulationsgrundlagen für Investitionen auch bei schnell steigendem Zinsniveau. Im Gegenzug brauchen die Sparkassen dafür aber auch langfristige Einlagen; Einlagenzinsen können nicht so schnell wie die Leitzinsen steigen. Reuter: „Wenn nun gerade in den letzten Wochen laut und medienwirksam gerufen wurde, die Sparkassen würden die Zinsen nach den Erhöhungen durch die EZB nicht weitergeben, so ist das sehr ungenau. Niedrige Zinsniveaus von z. B. 0,6 Prozent mögen für viele Giro- und Tagesgeldkonten gelten, aber nicht durchgängig. Wer sich bei den Sparkassen umschaut, findet durchaus höhere Verzinsungen in Festgeldern.“
Private Immobilienkredite rückläufig
Die private Kreditnachfrage ist seit der Jahresmitte 2022 insgesamt gesunken, im Wesentlichen geht diese Entwicklung auf die stark nachlassende Nachfrage nach Immobiliendarlehen zurück. Denn 92 Prozent der ausgereichten Kredite von Sparkassen an Privatpersonen waren 2022 Immobilienkredite (63,7 Milliarden Euro). Der Bestand nahm zwar um 5,3 Prozent zu, doch dies ist ein Nachläufer zu den zurückliegendenRekord-Zusagejahren. In der Pandemie hatten sich viele Menschen auf ihre Wohnsituation besonnen und gleichzeitig das für sie günstige Zinsniveau ausgenutzt.
Mit steigenden Baukosten und gleichzeitig anziehenden Zinsen hat sich die Entwicklung gedreht. Während zu Anfang des Jahres noch Vorzieheffekte zu einer lebhaften Nachfrage nach Immobilienkrediten geführt hatten, so ist jetzt eine deutliche Marktberuhigung festzustellen, das Neugeschäft ist aktuell eingebrochen: Die Zusagen für Wohnungsbaukredite an Privatpersonen sanken auf 11,8 Milliarden Euro (-14,2 Prozent) – vor zwei und drei Jahren waren die Wachstumsraten in der gleichen Größenordnung, jedoch mit positivem Vorzeichen, gelegen. Reuter bedauerte diese Entwicklung: „Für Kaufinteressenten fallen die aufs Vierfache gestiegenen Zinsen derzeit deutlich stärker ins Gewicht als die nach vielen Jahren der Preissteigerungen nur mäßig sinkenden Immobilienpreise. Gleichzeitig muss höheres Eigenkapital eingebracht werden, während die Lebenshaltungskosten erheblich steigen. Es entstehen Mehrfach-effekte, die sich massiv auf den privaten Wohnungsbau auswirken. Für viele Familien heißt das, dass sie Kompromisse eingehen müssen, um Geld zu sparen – sei es bei der Größe, beim Zustand oder der Lage der Immobilie. Für einige bedeutet es aber auch, dass sie ihren Traum vom eigenen Haus erst einmal zurückstellen müssen."
Auch die Auszahlung bereits in den Vorjahren zugesagter Wohnbau-Kredite ist 2022 um 6,5 Prozent gesunken. Durch die Marktveränderung entstehen allerdings keine vermehrten Ausfälle bei unseren Kunden, die bereits Finanzierungsangebote der Sparkassen genutzt haben – die Festzinsbindung sorgt hier für gleichbleibende Kreditkonditionen.
Die Sparkassen vermitteln auch weniger Immobilien an Kaufinteressenten. Die Objekte stehen wieder länger auf den Portalen, auch wenn der Immobilienmarkt, vor allem in Ballungsgebieten, weiterhin eng bleibt. Daher konnte auch die Sparkassen-Immobilien-Vermittlungsgesellschaft 2022 nur noch 6.224 (2021: 7.691) Objekte vermitteln, davon 95 Prozent direkt über die Sparkassen. Reuter erklärte: „Der Markt ist aber weiterhin sehr lebendig. Selbst wenn in Teilen die Nachfrage ausfällt, kann nicht jeder Bedarf befriedigt werden. Es ist daher nach wie vor wichtig, die Weichen für den Wohnungsbau auf freie Fahrt zu stellen. Denn Wohneigentum ist ein wichtiger Baustein der Altersvorsorge und das gilt besonders für die jetzt jungen Erwachsenen und Normalverdienenden, die künftig wirtschaftlich andere Bedingungen vorfinden als noch ihre Eltern. Durch eine intelligente Wohneigentumsförderung entlastet der Staat sich selbst, hier braucht es mehr gezielte Initiativen der Politik!“
Angesichts der Lücken am Wohnungsmarkt und der unauffälligen Risikolage bei den Krediten der bayerischen Sparkassen zeigte Reuter Unverständnis für die Aktivierung des antizyklischen Kapitalpuffers von 0,75 Prozent-Punkten per Allgemeinverfügung der BaFin seit Februar 2023. Zudem wirke die Einführung eines zusätzlichen sektoralen Systemrisikopuffers in Höhe von 2 Prozent-Punkten für Wohnimmobilien, mit dem systemische Risiken abgesichert werden sollen, prozyklisch. „Wir brauchen nach wie vor jede Form von Wohnbauförderung – nicht kontraproduktive Maßnahmen wie die Verteuerung von Immobilienkrediten durch regulatorische Maßnahmen. Denn die über den antizyklischen Kapitalpuffer adressierten Risiken zeigen sich in unserer Kreditvergabe nicht, wir haben praktisch keine Ausfälle bei den Krediten. Die zusätzlichen Kapitalpuffer der BaFin belasten die bayerischen Sparkassen mit zusätzlichen Eigenkapitalanforderungen von ca. 1,45 Milliarden Euro. Sie engen dadurch den Spielraum für die Kreditvergabe um bis zu 30 Milliarden Euro ein, verteuern sie damit, wirken prozyklisch und konterkarieren das politische Ziel nach Schaffung von deutlich mehr Wohnraum. Dies wird den angespannten Wohnungsmarkt, gerade in Ballungsgebieten, nicht entlasten, sondern eher verschärfen. Konsequenterweise müssen die Kapitalpuffer möglichst bald wieder abgeschafft werden,“ so Reuter.
Immobilienentscheidungen von morgen bereiten viele Kunden bereits heute mit dem Abschluss eines Bausparvertrags vor. 2022 war „das“ Rekordbausparjahr: Die bayerischen Sparkassen konnten mit 101.025 Bausparverträgen (+55,6 Prozent) bzw. einer Bausparsumme von 8,31 Milliarden Euro (+86 Prozent) ihr bisher größtes Bauspargeschäft vermitteln. Reuter: „Wer in den vergangenen Jahren einen Bausparvertrag mit günstigen Kreditzinsen abgeschlossen hat, zählt augenblicklich schon zu den Gewinnern. Doch es lohnt auch jetzt noch, sich mit einem Neu-Abschluss langfristig feste und immer noch günstige Darlehenszinsen zu sichern, Bausparen hat Zukunft.“ Reuter betonte vor diesem Hintergrund auch, wie die geplante Fusion der LBS Südwest mit der LBS Bayern für Kunden in die Zukunft weist: „Mit der neuen LBS Süd entsteht eine noch stärkere und leistungsfähigere Bausparkasse im Süden Deutschlands, die dann – mit einer aggregierten Bilanzsumme von rund 37 Milliarden Euro und 3,5 Millionen Bausparverträgen über eine Bausparsumme von zusammen rund 147 Milliarden Euro – die mit Abstand größte Landesbausparkasse in Deutschland sein wird.“
Geldvermögensbildung nimmt ab
Die Geldvermögensbildung in Sparkassenhand über alle Kunden lag 2022 mit +9,5 Milliarden Euro deutlich unter dem Vorjahresniveau (+12,3 Milliarden Euro). Die Geldvermögensbildung der Privatpersonen liegt dabei mit +7,0 Milliarden Euro ebenfalls niedriger als 2021 (+8,0 Milliarden Euro). Die Lockdown-bedingten Rekordwerte von 2020 konnten damit nicht wieder erreicht werden. Reuter erklärt: „Je mehr Normalität in Handel, Gastronomie und Tourismuswirtschaft zurückkehrte, desto stärker hat sich die Liquidität wieder anders verteilt. Preissteigerungen für Energie und Lebenshaltung begrenzen aber das verfügbare Budget in weiten Teilen wieder und weiterhin.“
Über 60 Prozent der Geldvermögensbildung erfolgte 2022 über Wertpapiere – dabei konnte der Nettowertpapierabsatz der bayerischen Sparkassen um 11 Prozent auf 5,9 Milliarden Euro gesteigert werden. Mit der Zinswende schwenkten viele Kunden der bayerischen Sparkassen allerdings ihre Wertpapierstrategie: 2021 war das Geschäft noch stark getragen durch den Handel mit Investmentfonds. Mit der Zinswende in 2022 standen erstmals wieder festverzinsliche Wertpapiere besonders hoch im Kurs bei den Kunden, sie kauften 62 Prozent mehr und verkauften gleichzeitig 43,5 Prozent weniger davon.
(in Mrd. €) | 2018 | 2019 | 2020 | 2021 | 2022 |
Wertpapierumsatz | 17,3 | 18,3 | 23,9 | 28,8 | 24,6 |
Nettoabsatz | 2,7 | 2,1 | 3,6 | 5,4 | 5,9 |
Die Zahl der Wertpapierdepots, die bei den Sparkassen geführt werden, ist dabei leicht angestiegen – um 2 Prozent auf 1,3 Millionen. Der Kurswert je Sparkassen-Kundendepot nahm um 12 Prozent auf rund 109.000 Euro ab.
Kunden, die ihre Wertpapier-Anlage nicht selbst strukturieren wollen, greifen auf die kompetente Beratung bei ihrer Sparkasse zurück oder nehmen Investmentfonds – zum größten Teil von unserem Verbundpartner Deka – in ihr Depot. Diese Käufe sind 2022 nach einem ausgesprochenen Rekordjahr 2021 (+46,6 Prozent) wieder gesunken auf nun 5,6 Milliarden Euro (‑31,8 Prozent).
Sparer, die nur kleine Beträge ab 25 Euro monatlich investieren wollen, können ebenso von Wertpapieren profitieren. Inzwischen laufen 1.349.370 Fondssparpläne mit der Deka, das sind +4 Prozent mehr als im Jahr zuvor (2021: +19,1 Prozent; 2020: +16 Prozent). Sie werden durchschnittlich mit 110 Euro monatlich bespart. „Besonders erfreulich ist, dass der Anteil der jungen Kunden unter 30 Jahren, die einen Fondssparplan als Grundstock für die Altersvorsorge einsetzen, wächst. Insgesamt sind es 28 Prozent, unter den Neuabschlüssen 2022 sogar 36 Prozent,“ freute sich Reuter mit Blick auf den notwendigen Vermögensaufbau der jungen Kunden. „Die Pandemiezeit hat zwar viele Kunden unfreiwillig zum Konsumverzicht gebracht, aber sie hat offensichtlich auch den Freiraum geschaffen, sich vertieft mit dem Thema „Wertpapiere“ auseinanderzusetzen. Gerade junge Erwachsene wissen inzwischen ganz genau, dass sie Vermögen und Altersvorsorge nicht mehr ausschließlich über Spar- und Sichteinlagen aufbauen können.“
Reuter führte allerdings auch aus, dass sich alle Altersgruppen mit Wertpapieren auseinandersetzen müssen, da bei den aktuell hohen Inflationsraten Ersparnisse in Geldvermögen zusätzlich an Wert verlieren: „Diese kontinuierliche Entreicherung trifft besonders die Mittelschicht und damit unsere Kunden. Um hier gegenzusteuern brauchen jedoch viele Kunden die Unterstützung durch einen Wertpapierberater. Diese Leistung darf nicht politisch mit einem Eintrittsgeld versehen werden, denn das würde Geringverdiener ausschließen.“
Für die Kunden der Sparkassen hat sich das Modell der Provisionsberatung, in der alle Provisionszahlungen von Partnerunternehmen komplett offengelegt werden, bewährt. Denn Anlageentscheidungen reichen oft nur über kleinere Beträge – mehr als die Hälfte der Wertpapiersparpläne bei Sparkassen in Deutschland werden mit einer monatlichen Rate von maximal 50 Euro bespart. Eine Beratung, die nach in Anspruch genommener Zeit bezahlt wird, ginge zulasten kleinerer Vermögen und damit zulasten der bisherigen Solidarität im System. Reuter forderte: „Sparkassen erreichen im Moment die Kunden, die Vermögensvorsorge am nötigsten brauchen. Es ist richtig, die Anleger auch weiterhin selbst entscheiden zu lassen, ob sie lieber eine Honorar- oder eine Provisionsberatung in Anspruch nehmen wollen! 89 Prozent der in 2022 neu abgeschlossenen Wertpapiersparpläne wurden übrigens mit persönlicher Beratung abgeschlossen, obwohl ein Online-Abschluss komfortabel möglich gewesen wäre.“